Slumming
- Genre
- Drama, Schwarze Komödie
- Regie
- Michael Glawogger
- Darsteller
- Paulus Manker, August Diehl, Michael Ostrowski, Pia Hierzegger, Maria Bill
- Produktion
- Österreich / Schweiz 2006, 96 Min.
Bewertung
Peter Weißenborn, Apr 20074 / 5 Sternen
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Sebastian (August Diehl) kommt aus Berlin, ist Mitte zwanzig und ein Slacker, ein Tunichtgut, der keinen Respekt kennt. Als Sohn reicher Eltern muss er nicht arbeiten. Er hat weder Zeile noch Werte und Moral und verbringt seine Tage damit, im BMW durch die Gegend zu fahren, andere Menschen zu schikanieren und zu manipulieren. Immer auf der Suche nach einem Spiel mit schwachen Charakteren, lungert er gemeinsam mit dem Langzeitstudenten Alex in heruntergekommenen Kaschemmen und Bars im winterlichen Wien herum, stets auf der Suche nach Gelegenheiten, andere Menschen zu Opfern ihrer Ideen zu machen. Beide schauen den Menschen beim Leben zu, kommentieren es und manchmal treiben sie mit ihnen ein gehässiges Spiel. Sie nennen es "Slumming".
Auch surfen sie begeistert im Internet, um junge Frauen kennen zu lernen. Beide sehen attraktiv aus, kommen souverän herüber. Das macht es ihnen bei Frauen besonders leicht, die sie übel behandeln: Bastian trifft sich mit ihnen zum Date in zwielichtigen Lokalen und lässt sich dann eher teilnahmslos gelangweilt zuquatschen, ohne wirkliches Interesse an ihnen zu zeigen. Aber immer dabei - sein Fotohandy. Keine Frage was er damit unterm Tisch heimlich fotografiert und dann zur Belustigung seines Kumpels gleich ins Internet stellt, nebst kichernder Psychoanalyse. Das rockt! Die attraktive Grundschullehrerin Pia ist seine jüngste Eroberung. Doch verläuft diesmal alles anders. Bastian verliebt sich, was weitreichende Folgen haben wird.
Noch am selben Abend finden sie auf einer Sitzbank vor dem Wiener Westbahnhof liegend einen sturzbesoffenen Penner vor. Es ist Kallmann (Paulus Manker) - ein Quartalssäufer wie er im Buche steht. Gescheitertes Subjekt im Moloch der Großstadt der mit der Gesellschaft scheinbar abgeschlossen hat und dies mit seinen Hasstiraden überall kundtut wo er es kann. Ein freier Vogel, ein Literat, naja... eher schmuddeliger Dichter - der mal wieder durch die Stadt gezogen ist und versucht hat, den Passanten penetrant seine Gedichte zu verkaufen. Mit mäßigen, wenn auch 'kreativen' Erfolg. Sozusagen das perfekte Opfer für die beiden. Doch was Bastian dann abzieht, geht selbst für Alex über jeglichen Schabernack hinaus. Er nimmt dem wehrlosen Kallmann die Papiere ab und setzt ihn in einer Nacht- und Nebelaktion vor einem Bahnhof in Tschechien in selber Position aus. "Nur zu seinem besten." versteht sich. Das daraus nicht nur für Kallmann eine Odyssee der Selbst-Findung beginnt, stand dabei nicht auf dem Plan.
Der auf Dokumentationen spezialisierte Österreicher Michael Glawogger (Megacities, Workingman´s Death) hat sich für seine zweite Spielfilmarbeit nach NACKTSCHNECKEN (ja genau... ;) eine schwarze Komödie ausgesucht, die auf verschmitzte Weise die Verrohung der Gesellschaft sowie das soziale Gefälle thematisiert und das Publikum auf einen Drahtseilakt zwischen Schmunzeln und Entsetzen geschickt. Messerscharfe Dialoge, der gewisse Wiener Schmäh, skurrile Situationen, aber vor allem die beiden Hauptakteure August Diehl und Paulus Manker sind Garanten für ein Kinoerlebnis der etwas anderen Art. Also: "Schleichts euch!" (Text: Danny Ulbrich)