Achtung, draußen zieht's! Mittlerweile hat nun auch der letzte Sommerfrischler kapiert, dass 2010 der warme Teil des Jahres Geschichte ist. Die Festival-Camping-Ausrüstung ist eingemottet, wenn man jetzt das Autofenster zu weit offen hat, gibt es statt Erfrischung Schüttelfrost und kein Wald- und Wiesen-Veranstalter will selbige noch benutzen, um unter freiem Himmel ein (Dorf-)Fest zu schmeißen. Klar also, dass der schlaue Partyfreund sich nun verstärkt in den Clubs, Bars und sonstigen musikalischen Unterhaltungslokalitäten die Ehre erweist. Da ich als VIBE-Kolumnist die Clubs der Stadt schon blind am Geruch erkenne, habe ich mich die letzten Wochen mal wieder verstärkt auf Konzerten rumgetrieben und die Eindrücke dazu werde ich nun auf grammatikalisch höchstem Niveau für euch aufbereiten, damit ihr beim nächsten Mal wisst, welche Bands es zu besuchen gilt!
Los ging es Anfang Oktober mit der Münchener Rap-Formation Blumentopf, die mich, obwohl meine HipHop-Tage eigentlich schon lange gezählt sind, tief beeindruckt haben. Kannte ich sie noch aus der frühen Freestyle-Zeit, so haben sie bis zum heutigen Tage nichts an Flow und Wortwitz eingebüßt. Im Gegenteil, ein paar Wortfetzen aus dem grölenden Publikum reichten aus und die Jungs fingen einer nach dem anderen an minutenlang improvisiert zu reimen. Da war es dann auch kein Wunder, dass das Konzert inklusive Vorband dreieinhalb Stunden ging - ganz großes Kino! Ein Blumentopf-Konzert kann man also guten Gewissens weiterempfehlen, die Typen sind ihr Geld definitiv wert. Das perfekte Gegenteil dazu lieferte mir wenige Tag später MF Doom, ein rappender Geselle aus Amerika, dessen Konzert ich einfach mal mitnehmen wollte, da seine Auftritte in Europa äußerst rar sind. Warum ich da so scharf drauf war, kann ich mittlerweile überhaupt nicht mehr nachvollziehen, denn nachdem er sich erst ganze dreieinhalb Stunden feiern ließ, hielt er es dann mit der physischen Agilität eines Fast-Food-Daueressers gerade mal 50 Minuten auf der Bühne aus und verschwand ohne jegliche Zugabe, aber mit der lächerlichen Pseudo-Ausrede, dass er aufgrund des Zigarettenrauches keine Luft mehr bekäme - was für eine Muschi! Wahrscheinlich hatte er den Klitschko-Kampf eine Woche vorher gesehen und wollte wie Shannon Briggs eine Lanze für Asthmatiker brechen, indem er seinen Job miserabel erledigt?!
Zum Glück konnte man sich dagegen auf die durchgeknallten Electro-Trash-Punker von Bonaparte verlassen, deren Konzert im Centraltheater Leipzig im letzten Monat mein persönliches Highlight war. Nicht nur weil die frivolen Stripper-Püppies mein Kopfkino mit perversen Gedanken auflockerten, sondern vor allem weil dem Zuschauer von dieser Band noch ein echte Show geboten wird, wie man es im kommerziellen Musikbusiness heute leider viel zu selten erlebt. Als Zeichen meiner grenzenlosen Sympathie nach diesem tollen Auftritt bin ich seither auch nur noch in passender Band-Uniform unterwegs wie das aktuelle Kolumnenbild unschwer erkennen lässt. Nun hoffe ich, dass ihr auch diesmal bei meinem niveauseichten Monatsresümee die wichtigen Fakten herauspicken und informativ verarbeiten könnt, denn dann ist mein Dienst am Leser erfüllt und ich habe endlich wieder Ruhe und Zeit mich in meinem brandneuen, felligen Mo(e)naparte-Kostüm der von mir so verhassten und dennoch nicht zu verhindernden Faschingszeit zu widmen. Is' mir schlecht ...