Seine Leidenschaft für die Musik bekam mit 16 Jahren zum ersten mal ihren Ausdruck, als er auf einer Gitarre zu Nirvana bangte. Der Traum vom Welterfolg als Gitarrist blieb jedoch nur ein Traum. So machte er sich auf die Suche nach seiner Vision von Musik, die Gabriel Ananda zwei Jahre lang auf keiner Elektronikparty fand, bis er 1995 ein Sven Väth-Set der Meisterklasse erleben durfte. Damit war der Groschen gefallen und er begann mit elektronischen Klängen zu experimentieren. Zwei Jahre später hatte er sein erstes Release. Der in Köln lebende DJ, Produzent und Labelbetreiber startet im Jahr 2000 sein eigenes Imprint Karmarouge Records und wird mit seinen minimalistisch groovenden Tracks schnell über den Kölner Raum hinaus zum Geheimtipp der Szene. Mit "Süssholz" landet Gabriel einen der Clubhits des Sommers 2004. Und es scheint nichts dagegen zu sprechen, das sein Track "Ihre persönliche Glücksmelodie" ein Überflieger mit rockerähnlichen Ausmaßen ist.
Gerade am Wochenende habe ich es wieder gehört – die persönliche Glücksmelodie. Und der Dancefloor hat sich sehr emotional geäußert. Deine aktuelle Platte scheint sehr erfolgreich zu sein. Wie kam es zu „Ihre persönliche Glücksmelodie“? Hast Du es beim Produzieren im Blut gehabt, dass es ein Hit wird?
Das Stück ist entstanden, als ich für die Releaseparty der Pankananda "auf seiner Veranda" (erschienen auf dem Berliner Label festplatten), einen Live-Act unter dem Pseudonym Pankananda spielen sollte. Ich hab mich dann einfach hingesetzt und besonders bekloppte Sachen programmiert. Das war eine Mixtur aus unrhythmischem Nervzeugs und poppig ausgeflippten Stücken. Ich habe das Stück dann einfach ein Jahr lang live gespielt und auf einmal wollten es alle rausbringen. Ehrlich gesagt ging mir da erst ein Licht auf, dass das abgehen könnte. Nun ist es endlich auf Karmarouge erschienen.
Mit 16 Jahren hast Du E-Gitarre gespielt und bist auf Nirvana abgefahren. Wann kam die elektronische Techno Musik ins Spiel?
Für energiereiche Musik hab ich mich schon immer interessiert, so auch natürlich für elektronische Musik. Die strengen Trennungen zwischen den Genres waren ja früher noch nicht so ausgeprägt. Außerdem habe gemerkt, dass ich mit meiner Gitarre nicht weiterkam und eine Bandgründung ungefähr so schwer ist, wie eine Jamaika-Koalition. Ich war dann unterwegs auf diversen Technoparties und irgendwann ist der Groschen gefallen, dass Techno einfach das Tollste ist und ich das auch machen will. Einfach deshalb, weil Techno befreiende und berauschende Musik ist. Beeindruckt haben mich damals auch die Offenheit und der soziale Umgang. Leider sehe ich da eine abfallende Tendenz - und zwar nicht nur in der Technoszene.
Wie kam es zum eigenen Label Karmarouge Records? Welche Philosophie wird verfolgt und wer steckt noch dahinter?
Karmarouge wurde damals zum Teil aus der Motivation heraus gegründet, um meine eigene Musik zu veröffentlichen, aber auch, weil wir etwas mitteilen wollten. Oft geht’s ja nur um Profilierung und Hippness. Karmarouge steht für warme, eher positive und vor allem emotionale Musik. Hinter Karmarouge stehen mittlerweile Tom Weecks und Alex Multhaup. Ich bin bei Karmarouge als Seele hinter der musikalischen Konzeption anwesend.
Du hast unter dem Projekt „Pankananda“ veröffentlicht. Gab oder gibt es noch weitere Projekte? Was unterscheidet das Ganze zum Gabriel Ananda?
Pankananda ist das was ich mache, wenn Techno mir zum Halse raushängt. Da ist alles erlaubt. Ich spiele Gitarre, singe und mache von Country bis Industrial Trash alles. Es gibt auch Kollaborationen mit Leuten aus der Kunstszene, z.B. habe ich mit dem Maler Walter Dahn ein schönes homelistening Album produziert, mit Andreas Kaufmann arbeite ich gerade an einer Kunstinstallation usw.. Das sind alles Sachen, die meine Arbeit mit anderen Blickwinkeln konfrontieren. Das hilft unglaublich weiter, um nicht zu versteifen. Der Blick über den Tellerrand ist echt wichtig, finde ich.
Anfang 2005 kam Dein erstes Album „Tai nasha no karosha“? Was heißt das übersetzt und was waren die Beweggründe für das erste Album?
Der Titel ist der Vukanische Abschiedsgruss und bedeutet: "Lebe lang und in Frieden". Das Album ist in einer Zeit entstanden, in der ich von vielen Dingen Abschied nehmen musste. Menschen, Weltanschauungen usw.. Dabei ist eine Menge Energie freigeworden, aus der sich dann das Album geformt hat.
Du bist nicht nur als Live-Act, sondern auch als DJ unterwegs. Was macht den Unterschied nicht nur musikalisch aus?
Live spielen ist sehr intensiv und man ist immer am Drücker und wirklich für jede Sekunde selber verantwortlich. Als Dj steht man schön hinterm Pult und kann Zigaretten rauchen und mit hübschen Mädchen reden. Das gefällt mir natürlich viel besser. Nein, Spaß beiseite. Als Dj bin ich eigentlich fast genauso am Ackern wie als Live-Act, da ich sehr perfektionistisch bin und vor allem der Spannungsbogen, d.h. die Reihenfolge der Platten im Set, stimmen muss. Live-Acts können natürlich extrem spontan sein, man kann Momente verstärken und alles zum Kochen bringen. Je offener man arbeitet, desto mehr kann aber auch das Ergebnis variieren. Ich weiß vor den Live-Acts eigentlich nie, wie gut das wohl wird. Das kostet leider auch ne Menge Nerven.
Du hast bereits viele Tracks seit 1997 veröffentlicht. Was hat sich bis heute verändert und entwickelt?
Fast alles hat sich verändert, bis auf das Bestreben, etwas mitzuteilen, was mich beschäftigt und die Musikrichtung natürlich. Früher waren meine Stücke rougher und voller. Ich bin immer minimaler in den Bestandteilen geworden, um diesen mehr Raum zum Wirken zu geben. Außerdem lege ich im Moment sehr viel Wert auf eine gewisse Ruhe in den Stücken, die einem das Eintauchen auch für lange Zeit ermöglichen soll, ohne dass man hinterher reizüberflutet ist. Das wirkt sich vor allem auch auf mein Dj-Set aus. Ich werde auch immer minimaler. Minimal ist keine Musikrichtung, sondern eine Einstellung. Es geht darum, die Seele der Musik in einer möglichst einfachen und klaren Form freizustellen. Das sehe ich momentan als Herausforderung und Aufgabe.
Beschreib mal selber Deine heutige Musik? Was inspiriert Dich beim produzieren?
Das ändert sich immer sehr schnell. Zur Zeit versuche ich Stücke zu basteln, die nur das Nötigste enthalten um gut zu funktionieren und die sich erst auf die Dauer entfalten. Im Mittelpunkt stehen weniger spektakuläre Breaks und Melodien, dafür Deepness und ein bisschen Archaik. Ich denke, dass die Seele von Techno im Wesentlichen aus der Erzeugung von Trance durch bestimmte Klänge und Rhythmen besteht. Da hat mir z.B. afrikanische Musik sehr weitergeholfen.
Was machst Du, wenn Du nicht produzierst und unterwegs in der Welt bist? Hast Du vielleicht studiert, Frau und Kind, gehst einem Job nach oder lebst Du mittlerweile von der Musik?
Das, was ich mache, ist ein absoluter Fulltime-Job. Aus dem Plan, ein bisschen Musik zu machen, aufzutreten und durch die Welt zu reisen, wurde zwar etwas, allerdings war mir nicht klar, wie anstrengend das sein kann. Ich sitze grad im Bett und habe noch nicht gefrühstückt, versuche das Interview schnell fertig zu schreiben und muss gleich los. Irgendwann falle ich todmüde ins Bett. Mein Wecker ist immer der erste Anruf. Dann geht’s mit Vollgas durch den Tag. Da bleibt kaum Zeit für Party und schon gar nicht für einen anderen Job. Dennoch kann ich sagen, dass ich damit glücklich bin. Ich werde auf jeden Fall immer Musik machen, nur vielleicht nicht für immer in der Technoszene. Na mal sehen.
Was geht eigentlich in der Kölner Szene so ab? Gehst Du auch mal selber in die Clubs und auf Party?
Ausgehen ist wie gesagt selten drin. Die Szene in Köln besteht hauptsächlich aus sehr vielen guten und jungen Musikern, die sich auch alle untereinander kennen. Das ist schon sehr fruchtbar. Partymäßig geht hier allerdings nicht viel. Das Einzige, was mir hier wirklich gefällt, ist das Artheater. Ein Club, Theater und Ausstellungsraum, der nicht nur eine Plattform für Auftritte und ähnliches bietet, sondern auch so etwas wie eine Gemeinschaft von kreativen und kritischen Menschen aus allen möglichen Bereichen, die mir auch mal ernsthaft sagen, was sie von mir und meiner Musik halten. Da musste ich auch schon mal schlucken. Im Endeffekt hat mir das aber sehr weitergeholfen.