// Portraits

Andy Vaz

Titelmotiv -

Mr. Background Rec. - Andy Vaz - aus Düsseldorf stellt einen der wichtigen Eckpfeiler der deutschen Technobewegung. Sein Imprint verbindet imposante Welten - Düsseldorf, Detroit, San Francisco, Montreal, London, Süd-Afrika. Einige der einflussreichsten Künstler der Szene, darunter Sutekh, Jan Jelinek, Todd Sines, Terrence Dixon, Algorithm/Jeff Milligan, Akufen, Submania, Dean DeCosta, Rhythm Maker, Kit Clayton, Deadbeat, Baby Ford und Stewart Walker releasten einige ihrer wichtigsten Werke auf Background. Damit ist Background eine treibende und bestimmende Kraft im minimal Techno Bizz.

Seine Sub-Labels Soundvariation (experimentell-minimal) und "a Touch of Class" / aTC (deep-house) bilden dabei die logische Fortsetzung bzw. Erweiterung im Kontext der sich beständig verändernden und weiterentwickelnden Musik. Nach "LIVE in Tokyo" kommt nun die zweite "LIVE in Detroit". Ein kompletter Live-Mitschnitt aus dem Club Oslo in Detroit von 2005 des Labelchefs. Ein energetischer Mix minimal Techno voll mit neuem Stuff arrangiert unter Einfluss der Stimmung des Publikums. Hintergründe zu Andy, seiner Performance und seinem Label-Betrieb möchten wir in unserem kleinen Interview ein wenig zu beleuchten.

Mit welchem Hardware-/Softwareeinsatz arbeitest du bei deinen Live-Auftritten? Gibt es für dich ein Status-Quo Tool (Ableton, Reason... um mal gängige Software ins Spiel zu bringen. A Guy Called Gerald z.B. verwendet Reason 3.0, Anm. der Redaktion)?

Ich benutze Ableton Live bei meinen Auftritten.

Kurz eine Frage zu Sound - Crowd Verhältnis während eines Live-Sets. Gehst du mit einem straighten Plan ins Rennen oder bis du zu weiten Teilen der Audience offen gegenüber und versuchst dabei auf die Stimmungsbedürfnisse einzugehen? Bei den meisten "Laptop-Auftritten" kann man ersteres das beobachten…Anders herum kann man auch beobachten, dass es gerade das Publikum ist, die eine bestimmte Performance bei einem Live-Set erwarten…Wie ist da deine Philosophie oder Erfahrung?

Bei den jeweiligen Livesets kommt es zum einem natürlich immer auf den Rahmen an. Ich habe vereinfacht gesehen, erstmal zwei sets, an denen Ständig gearbeitet und ergänzt wird. Es gibt einmal ein Listening-Set, sowie das Clubset. Diese unterscheiden sich natürlich naturgemäss voneinander. Natürlich ist das Clubset weitaus straighter and wandelbarer. Das set ist bewusst so aufgebaut das ich grosse eingriffsmöglichkeiten habe und mich gezielt einer Stimmung innerhalb der reelen clubsituation anpassen zu können, waehrend ein listening konzert viel mehr vorprogrammiert ist und eher songorientierter aufgebaut ist. Meine Clublivesets beinhalten sehr viel Musik unterschiedlicher coleur, über zwei stunden musik, die man im rahmen eines sets entsprechend frei varieren kann. Ich bereite mich i.d. Regel auf jeden Gig entsprechend vor und stelle immer Sachen um oder nehme neue Sachen ins Set auf, sodass dieses eigentlich immer wandelbar bleibt.

Dein Sound, speziell auf deinen eigenen Labels (BG & SV), kann man ja nun nicht gerade als leicht zugänglich bzw. als Massenkompatibel bezeichnen. Das merkt man bereits daran, dass man nicht gerade viele Leute findet, die spontan in Redefluss verfallen wenn man das Thema anstiftet. Wie bringst du das Publikum dazu sich auf deine Musik einzulassen? Oder ist es eher so, dass du meist bereits mit interessiertem Publikum arbeiten kannst?

Sowohl als auch, es gibt sowohl Gigs wo die Leute sehr gezielt kommen und eine ganz genaue Vorstellung von dem erwarteten Sound haben, als auch eher unbedarfte Begegnungen mit einem Club-Publikum. Beide Situationen sind erstmal eine Herausforderung. Grundsätzlich ist ja das Konzept von Techno, dass es die kleinen Dinge - die Details - sind, die erstmal die gewünschte Wirkung bringen. Grundsätzlich basiert auch mein Clubset erstmal zu grossen Teilen, wenn auch nicht ausschliesslich, auf meinen SoundVariation Veröffentlichungen. Diese jedoch 1:1 im Club zu spielen, wäre in der Tat nicht gerade dem Rahmen angemessen. Glücklicherweise kann man über die o.g. kleinen Dinge das Ganze im Handumdrehen in ein Clubtaugliches Set verwandeln. Ein SoundVariation Stück, mit neuer Kickdrum und zusätzlichen Percussionsounds unterlegt rückt mit ganz einfachen Mitteln in einen tanzbaren Technokontext. Man darf einfach nicht vergessen das Techno und House auf ganz einfachen Mitteln basiert, die Musik sehr einfach aufgebaut und strukturiert ist. Ein Soundvariation Stück mit einer anderer Kickdrum und den richtigen Effekten auf den draufgesetzten Hihats bekommt einen ganz anderen Twist und Drive als das Ausgangsmaterial, obwohl es musikalisch von den ganzen Sounds und allen anderen Elementen eigentlich nur marginal verändert wurde. Das ist auch das tolle an Techno, eine Kleinigkeit kann einfach die Welt bedeuten. Auch die sehr Loop-basierte Arbeitsweise mit Ableton unterstützt diesen Effekt noch zusätzlich, da die eher songartig arranagierten Soundvariationstücke dann im neuen Livegewand, noch durch die Zerlegung In kurze Loops, noch gradliniger und somit tanzbarer wird.

Kommt es vor, dass man Andy Vaz auch mal als DJ zu hören bekommt? Wenn ja, wird es dann einen Kontrast zum Live-Set geben? (Ich habe mal gelesen, dass du ein Herz für T. Parrish und die Moodyman Ecke hast.)

Ich Dj nicht, und gedenke auch nicht damit anzufangen. Wenn ich dies jedoch tun würde, würde ich in der tat am ehesten schwarze Housesachen unterhalb der 120 bpm Grenze auflegen.

Background und Soundvariation sind nun deine beiden Babies des Minimal-Techno. Background als offene Plattform und Soundvariation zur Selbstverwirklichung. Wie würdest du mit eigenen Worten beschreiben, was den Hörer bei beiden Labels erwartet?

Bei Background ist das ja mit nun fast 50 Veröffentlichungen nicht mehr so ganz einfach zu beantworten, da sich die Musik und die Technik, sowie die Artists die auf Background-Platten gemacht haben, über die sieben Jahre meiner Labeltätigkeit ja sehr gewandelt hat. Angefangen hat background mit Terrence Dixon ja quasi als deutsches Detroit Label, wobei der Fokus ganz klar auf einem Minimalismus der radikalsten Form gelegen hat, wobei ganz anders als heute oder auch schon recht frueh in der zweiten Phase des Labels, die Reduktion der Spuren und die Wiederholung im Mittelpunkt standen. Auch hatte das Label gerade am Anfang (Terrence Dixon, Submania) Züge von einem darken rohen Sound. Dann gab es ja die erste Laptop Riege im Kit Claytonn & Sutekh und dann kommen ja schon die Kanadier mit der nächsten Minimal Invasion. Momentan wird der Sound des Labels deutlich maximaler und songhafter, z.B Dave Millers Broken Beats elekronischem Jazz-Album oder Portables & Antiguo Automata - Mexicanos Alben, die für background eine neue Richtung andeuten, die auch vor Listening-Veröffentlichungen nicht halt machen und sich somit auch vom Minimal Techno 4/4 background sound weg entwickeln. Grundsätzlich interessiert mich moderne interessante und charakteristische Musik. Sowohl Antiguo Automata Mexicano (Mexico), Dave Miller (Australien) oder Portable (Südafrika) haben einen sehr eigenen unverwechselbaren Sound. Das macht Sie hauptsächlich für background interessant.

Background lebt von vielen Artist, die ein recht internationales Netz verbindet. Wie ist dies gewachsen? "Bewerben" die sich bei dir (BG) oder betreibst du eine Art Scouting und entdeckst neue Künstler für BG?

Da ich das Label bereits seit 1998 betreibe und es nunmehr fast 50 Releases gibt, ist das Label bei Leuten die einen ähnlichen musikalischen Ansatz haben zwangsläufig recht bekannt und ist daher für neue Produzenten leicht ausmachbar. In der Regel schicken die Acts Demos oder stellen den Erstkontakt selber her. Im Falle von Dave Miller kam der Kontakt z.B über Jan Jelinek zustande, der mir eine CD von Dave geschickt hatte, da er dachte das die Musik was für Background sein könnte. Auch Acts wie Frivolous oder Warmdesk sind über eingesandte Demos zu Background bzw. Atc gekommen.

Wie kam es zur Zusammenarbeit mit dem italienischen Label? Wieso das Kürzel "VAZ"- bit? Gibt es da was, was man wissen sollte? ;o) Live in Tokyo kam doch noch auf Sound-Variation, wenn ich mich nicht irre…

Das Label hatte mich ursprünglich eigentlich wegen eines Remixes kontaktiert. Da ich zu diesem Zeitpunkt einige Dancefloor orientiertere Tracks hatte die noch nicht veröffentlicht waren, haben wir uns einfach gemeinsam dazu entschieden, die EP auf Persistence Records zu machen. Alessandro Vaccaro, der Betreiber des Labels, und ich hatten uns dann kurze Zeit später bei einem mehrtägigen Aufenthalt In seiner Stadt Catania in Sizilien im Rahmen eines Festivals, welches ich dort (u.a. mit Moodyman & Band) gespielt habe, näher kennen und schätzen gelernt. Wir haben musikalisch eine gute Schnittmenge und verstehen uns sehr gut. Da ich auf Soundvariation einen ganz bestimmten Ansatz verfolge, passt es sehr gut mit Persistence eine Plattform für meine dancigeren Sachen zu haben.

"...The Place were it all began..." (Auszug aus der Beschreibung auf dem Beipackzettel) nur bezogen auf die Geschichte des Techno, oder gibt es eine persönliche Erfahrung für dich (in Detroit)?

Da gibt es viele. Ich war ja seit Mitte der Neunziger sehr oft in Detroit und kenne die Stadt recht gut. Auch wenn für mich Detroit Techno bis auf ganz wenige Ausnahmen (Theo Parrish, Moodyman, Anthony Shake Shakir und wenige andere) natürlich heute schon ein Genre für mich ist, welches mich nicht mehr wirklich interessiert bleibt die Stadt ja für die Musik generell als auch für Background als Label natürlich auch immer Ausgangspunkt für die ganze Technomusik. Das sollte man trotz aller neuen Einflüsse und daraus entstandener Subgenres im Hinterkopf behalten. Der Auftritt in Detroit, auf der die Live CD basiert, ist in soweit wichtig, das sowohl Ort, Leute als auch alles drumherum einfach gut zusammen gepasst haben. Es war genau die richtige Mischung aus dem für meine Musik perfekten Club (sehr dunkel, Decke überm Kopf, 250 Leute Kapazität, super Sorround Sound, tolles Publikum bestehend aus aktiven Produzenten, DJs und Labelbetreibern und einer Detroiter Crowd, die diese Nacht einfach besonders gemacht haben. Es war einfach eine dieser magischen Nächte bei denen einfach alles zusammenkommt.

MP3 & Netlabels. Fluch oder Segen? Ist die Wachablösung des Vinyls nun da?

Für mich ist und bleibt das Vinyl die einizige und beste Form Musik zu hören. Ich selber höre seit jeher wirklich ausschliesslich nur Musik auf Platte. Habe im Leben keine einzige CD gekauft und kann mich persönlich mit einem komprimierten mp3 file auf meiner Festplatte so ganz und gar nicht anfreunden. Das hat so was von Mikrowellen Kultur, die für mich als Musikliebhaber einfach keinen Sinn macht. Es gibt nichts besseres als eine Platte in der Hand zu haben, ein physikalisches Produkt welches man mit den Fingern fühlen kann, mit Cover und der Möglichkeit die Nadel in den groove zu halten. Auch sonst finde ich die Vorstellung, das man hunderte von Euros und Zeit investiert um erstmal ein Stück klanglich so gut wie möglich zu produzieren, dieses dann für viel Geld professionell Mastern und laut schneiden lässt, tolle künstlerische Vollcover designt und den Druck bezahlt, um sich dann später als 192 kBit komprimiertes MP3 File wieder im Netz und auf der Festplatte des Konsumenten wieder findet. Natürlich kann und will ich mich diesem Trend MP3s auch zum Kauf anzubieten nicht wiedersetzen, da man natürlich nicht das illegale Filesharing verteufeln kann, ohne gleichzeitig eine legale Kaufoption anzubieten. Natürlich sind wir auch in Zeiten wo die Vinylverkäufe rückläufig sind auf legale Downloads angewiesen. Ich bin jedoch nach wie vor Der Meinung das Vinyl die beste Möglichkeit ist elektronische Musik zu hören und würde das Label dann letztendlich einstellen, wenn dieses irgenwann durch ein rein digitales Format abgelöst wird. Dieses sehe ich aber trotz gewisser Trends und Bewegungen in diesem Sektor erstmal nicht so schnell auf uns zukommen. Das wird zwar im Mainstream bereich schon sehr schnell der Fall sein, aber Techno und House waren ja schon seit jeher immer ihren eigenen Gesetzen gefolgt. Schliesslich ist und bleibt es ja auch grösstenteils, wenn auch natürlich Nicht ausschliesslich, DJ Musik, die auch in sofern schon einer anderen Handhabung unterliegt als das im Mainstream Musikbereich der Fall ist. Das die Kids von heute nur noch mit dem MP3-Player unterwegs sind, ist klar, hat aber mit der elektronischen Musik Szene erstmal nichts zu tun.

Wie kommt es eigentlich, dass, wenn ich hier in unseren breiten diverse DJs mit deinem Namen konfrontiere, meist auf Schulterzucken stoße? Für Insider und Liebhaber bist du jedoch einer der ganz Großen im Bizz. Gibt es eine Abneigung für öffentlichkeitswirksame Auftritte deinerseits?

Ha, gute Frage. Was die DJs vor Ort angeht kann ich nicht viel dazu sagen, außer das ich ja auch nie im Osten spiele. In sofern ist die Reaktion der Befragten natürlich auch eine logische Konsequenz daraus. Zumal ist es ja grundsätzlich eh so, dass ich deutlich häufiger und regelmäßiger international als national spiele. Das hat wohl eher damit zutun das die alte Gleichung - je weiter man reist, so mehr man auch geschätzt wird - wohl eher zutreffend scheint als die Gleichung zwischen Popularität und Mittelmäßigkeit.

Was macht eigentlich A Touch of Class?

Im letzten Jahr war es um "A touch of Class" erstmal recht still geworden, der Fokus hat sich sehr deutlich auf Background und die Veröffentlichung von meinem Artistalbum auf Background verlagert. Bis zur Background 050, die in kürze ansteht, wird das auch erstmal so bleiben. Danach werde ich mich jedoch wieder viel gezielter auf aTC konzentrieren,mit einem konkreten Plan, der eine regelmäßige Releasepolitik miteinbezieht. Außerdem steht dann ja auch im Januar das Debut Album von Paul Hammond (further details) an. Auch Warmdesk aus Chicago und Label-Stammact: Repeat Orchestra haben gerade jeweils eine neue Maxi eingespielt die dann dieses Jahr noch erscheinen werden.

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