Boris Dlugosch ist ein Mann, der Musikgeschichte geschrieben hat. Angefangen als Resident in Deutschlands 1. Houseclub – dem Front in Hamburg – lud er sich bereits damals legendäre DJ-Größen in die Hafenstadt ein, während andere erst begonnen sich mit dieser „neuen“ Musik auseinander zu setzen. Unendlich viele eigene Produktionen, Remixe und Kollaborationen machten Ihn schnell zum most wanted man. Seine Discografie liest sich wie das Who is Who der Musikindustrie. Remixe für Moby, Kelis, Röyksopp, Daft Punk, Basement Jaxx, Jamiroquai, Mousse T. oder Mary J. Blidge. Aufhören? Daran denkt Er noch lange nicht.
Text & Interview Nicky Kehling
Boris, dein Vater war ein begnadeter Jazzmusiker. Du selber hast schon früh in diversen Schulbands Schlagzeug gespielt! Wie sehr beeinflusste Dich eine so musikalische Familie in Bezug auf deinen Werdegang als DJ & Produzent, und mit welcher Musik bist du aufgewachsen?
Na ja, “begnadet” wäre vielleicht etwas zu viel des Guten. Soweit ich mich zurück erinnere hat er schon lange nicht mehr aktiv gespielt. Aber meine Familie hat immer gern Musik gehört. Meine Eltern Jazz und meine ältere Schwester die zeitgemäße Popmusik und die Beatles. Da hatte sie nur eine Platte von. Ich habe dann später alle fehlenden Alben dazugekauft. Später in der Schule hatte ich eine Schulband und habe jahrelang Schlagzeug gespielt.
Gab es bei dir auch solch Elternansagen wie z.B.: "Junge, lern lieber etwas Anständiges!"? Oder haben dich deine Eltern in allem was du machen wolltest unterstützt?
Ich war nie ein guter Schüler. Trotz Lehrervater konnte ich in der Schule niemals Ehrgeiz entwickeln. Außer darin, meine Mitschüler vom Unterricht abzuhalten. Ich fand Schule todlangweilig! Meine Musikleidenschaft haben meine Eltern dennoch unterstützt. Mir ein Schlagzeug gekauft, mir Unterricht bezahlt, mich zu Bandproben gefahren etc. Es konnte ja keiner ahnen, dass ich davon später leben wollte.
Deiner Biografie kann man entnehmen das du schon seit 1994 eine eigene Radiosendung machst, was immerhin schon 12 Jahre sind. Ich glaube gehört zu haben deine Sendung wäre die bislang am längsten laufende. Zuerst bei Radio N-Joy, jetzt auch auf Sputnik, und noch ein weiterer Sender hat sich kürzlich angeschlossen. Was genau gehört denn noch zum Imperium des „Boris Dlugosch“?
Kann gut sein, dass es die längstlaufende DJ-Radiosendung in Deutschland ist. Sie läuft jetzt wöchentlich bei N-Joy, Sputnik und Big City Beats (Raum Frankfurt). Ich hatte schon Pläne ein Label zu gründen, mit meinem ehemaligen Partner Michi Lange. Wir haben diese aber immer wieder verworfen um mehr Zeit im Studio zu haben. Ich glaube aber, irgendwann mal ein Label zu machen. Momentan reizt mich die Studioarbeit nicht so sehr. Man sieht das ja an den wenigen Produktionen, die ich so veröffentliche. Natürlich habe ich ein Studio, aber einen Plattenladen werde ich sicher niemals eröffnen. Ich habe früher mal in einem gearbeitet, das ist nichts für mich.
Mit deinem Partner Michi Lange verbindet dich eine schon lang anhaltende musikalische Freundschaft. Ihr beide produziert viel miteinander, ob als BMR oder Les Visiteurs. Ihr brachtet uns Snoop Dogg´s & Pharell´s „Drop it like it´s hot“ im Clubgewand! Was genau gibt es noch für Projekte hinter den Ihr beiden euch verbergt?
Du bist gut informiert, aber ich glaube, du hast hier die meisten Projekte genannt.
Du remixt auch allein unendlich viele Künstler. Zuletzt gab es grandiose Remixe und Kollaborationen mit Weltstars wie Nelly Furtado, deren aktuelle Single „Promiscous“ du geremixt hast. Was steht in nächster Zeit noch an & was können wir erwarten?
Ich bin noch ein wenig in der Babypause. Meine Tochter wurde gerade zwei. Meine Frau arbeitet wieder und die Kleine ist noch nicht im Kindergarten. Die Kinderbetreuung, Radiosendungsproduktion und das auflegen füllen mich momentan ziemlich aus. Im Herbst mache ich eine weitere Compilation, die als Reihe geplant ist. Sie soll meine Radiosendung repräsentieren. Ein Doppelalbum auf dem ich, wie in meiner Sendung auch, im zweiten Teil andere Künstler präsentiere und aktuelle Clubmusik einer etwas breiteren Menge, als den wenigen 12”-Vinyl-Käufern zugänglich mache. Auf der ersten Compilation ist Matt Edwards alias Radioslave zu Gast. Sie wird bei „Ministry of Sound“ erscheinen. Natürlich werde ich auch noch Remixe machen und eigenes produzieren.
Gibt es nach so vielen Jahren und so vielen Remixarbeiten trotzdem noch einen Künstler, den du gerne produzieren, remixen oder jemanden mit dem du gern zusammenarbeiten würdest?
Jeder Künstler, der tolle Songs schreiben kann würde mich sicher inspirieren. Ich bin aber momentan gar nicht auf der Suche danach. Wie gesagt, die Studioarbeit reizt mich momentan nicht so sehr. Ich bastle so ein bisschen vor mich hin, ohne zwingend einen Track fertig zu machen. Ich glaube ich bin momentan eher auf der Suche nach meinem Sound, als Produzent und Musiker.
Ich hab gehört du bist begeisterter Angler. Bleibt denn für Aktivitäten solcher Art außer im Urlaub überhaupt Zeit und wie entspannst du dich generell von stressigen Arbeitstagen, nervigen Gigs, langen Flügen oder anstrengenden Interviewfragen? ;-)
Mich stresst das Reisen nicht. Das geschieht schon fast beiläufig. Im Gegenteil, ich bin gern unterwegs, treffe Leute, lerne Städte kennen etc. Nur der Nacht-Tag Umkehrrhythmus jede Woche nervt ein bisschen. Das “normale” Leben spielt sich nun einmal nicht zu Club-Öffnungszeiten ab.
Deine Gigs zu den Sputnik Turntabledays waren spektakulär und stets innovativ. Wie gehst du privat an Musik heran und was hörst du gern abseits deiner Platten die du am Wochenende auflegst?
Mich interessieren natürlich immer Neue, Andersartige, neue Sounds und Künstler. Ich mag Sachen, die irgendetwas Besonderes haben. Das ist natürlich sehr subjektiv. Das kann manchmal nur eine Synthieline sein, oder eine Stimme, ein Song. Schwer zu sagen. Ich könnte es dir an einzelnen Platten meiner Kiste erklären. Im Auto höre ich sonst noch viel Musik. Habe keinen iPod, also mache ich - ganz Oldschool - alle paar Wochen meinen CD Wechsler voll neuer oder alter Alben. Das geht völlig querbeet. Im Moment wieder viel Rock.
Zu guter letzt noch eine Frage: Was genau muss ein Track besitzen, was muss dich fesseln, dich begeistern, damit du ihn spielst oder Er für dich zu einem Klassiker wird?
Schwer zu sagen… Besonderheit, Eleganz, Innovation, und „Durchdrehfaktor“ spielen eine Rolle.