Bilder und Musik dominieren unseren Alltag. Überall bekommen wir sie auf die Augen und Ohren ob im Supermarkt in Form von albernen Werbevideos, ob in Straßenzügen auf großen Videowänden, im Fernsehen (VIVA, MTV, …)… Nur scheint es noch eine riesige Oase in der hiesigen Partylandschaft zu geben, die sich standhaft der Bild-/Videoeindrücke entziehen. Und nachdem die sehr beliebte 2step-Sendung – damals auf VIVA2 - abgesetzt wurde, scheint sich die VJ-Kunst wieder aus vielen Köpfen zurückgezogen zu haben. Dass jedoch gutgemachte Animationen gepaart mit Live-Eindrücken einer Party für ein perfektes Rundumgefühl sorgen können, beweist u.a. das Projekt syncXpose bestehend aus den VJs (Videojockeys) Grobkorn und Devon Miles. Wir haben die beiden getroffen und über Sinn und Unsinn von VJing abgeklopft.
Zur Klärung, wie lautet eure Definition von VJ?
Der Vj mixt unzählige kurze Videoclips, die er selbst produziert oder aus Videos gesampelt hat mit Computer und Videomischer zu einem abendfüllenden Bildstrom live und in Symbiose zur Musik im Club.
Nun kann man diverse Unterschiede in den Herangehensweisen – ähnlich wie bei einem DJ – an eine Performance beobachten. Wie ist dabei eure Philosophie?
Devon: Oberste Priorität hat die Musik. Es gilt, die Stimmung, die durch die Musik erzeugt wird visuell zu begleiten, die Menschen im Club noch weiter in den Sog und die Ekstase hineinzuziehen. Ich arbeite oft ein klar umgrenztes Set aus, mit einem Thema, das sich über den Abend hin entwickelt, entferne mich aber auch davon, sobald es nicht mehr zur Musik passt.
Grobkorn: Durch meinen eher organischen Stil, in dem sich Bilder über den Abend hinweg aufbauen und beeinfl ussen, kann ich eigentlich nicht genau sagen, wohin mich der Strom treibt. Ich habe kein festgelegtes Preset, handle eher spontan und lasse mich von Musik, Texten, Location und nicht zuletzt Leuten und Stimmungen treiben. Oft bin ich selbst von dem Ergebnis überrascht.
Thema Technik, meistens sieht man euch hinter einem Berg von Technik hervorkucken, was den Verdacht aufdrängt, dass man sich so einiges an Equipment gönnen muss. Was ist aber, wenn ich mal reinschnuppern möchte? Welche Möglichkeiten habe ich als Einsteiger?
Devon: Da es ja ums live mixing geht, ist ein Gerät unabdingbar, mit dem sich verschiedene Clips in Echtzeit neu kombinieren lassen. Im unteren Preissegment bietet ein Computer oder Laptop mit einer VJ Software diese Möglichkeit. Einsteiger und Profi s gleichermaßen verwenden häufi g Resolume oder Modul8. DVD player, live Kameras, Effektmixer komplettieren das Setup der Profis.
Grobkorn: Nun ja, das kommt natürlich ganz auf den eigenen Anspruch an. Letztes Wochenende war ich in einem Club, wo 2 Vjs mit einem Mischpult und 2 DVD-Playern arbeiteten. Hierbei wurde lediglich der T-Bar im Takt der Musik umgelegt. 90% der Clips kannte ich – das einzig innovative an diesem Set war die Werbeeinblendungen für die nachfolgenden Veranstaltungen des Clubs. Um auf Musik und Stimmung in Echtzeit eingehen zu können, benötigt man, wie Devon schon sagte, einen Rechner, um schnell auf die richtigen Clips zugreifen zu können. Für Multi-Screen Projektionen können es schnell mal ein Dutzend Rechner werden, etliche Effektgeräte, Kreutzschienen, die Kabel nicht zu vergessen .... die Liste liesse sich endlos erweitern ;)
Wie seht ihr eigentlich die derzeitige Situation in den hiesigen Clubs? Nur wenige scheinen sich auf LIVE-VJing einzulassen und bunte Lämpchen scheinen auszureichen um die Leute zu begeistern…Woran könnte das liegen? Übertriebene Verdienstvorstellungen seitens der VJs?
Devon: Es kommt auf den Anspruch des Clubs an. In den 0815 Klitschen wo die girls hingehen um abgeschleppt zu werden, wird ein DJ nach dem anderen verheizt. Da wird niemals Geld für einen VJ locker gemacht werden. Vjing wird so zu einem weiteren Mittel der Distinction. Ein Club mit Anspruch versucht sich von anderen Clubs dadurch abzuheben, dass er mehr und anderes bietet: Top DJs, aufwendige Lightshow, Videoanimationen, Tänzerinnen, VIP-Bereiche. Das ist ein Gesamtkonzept wo alles zueinander passen muss. Entsprechend werden auch die Künstler bezahlt. Beispiele dafür sind das WMF (Berlin), Cocoon Club (Frankfurt) oder hier in Leipzig die Buddha Art Gallery.
Grobkorn: In den Underground Clubs sieht die Sache natürlich anders aus. Da gibt es seit jeher ein reges Interesse für Visuals oder Mischformen audiovisueller Darbietungen. Da wird experimentiert und man kann sich künstlerisch richtig austoben. Dort wurden schon immer neue Trends gesetzt – sei es in der Schaffung und Publikation von neuen Musikrichtungen, spezielle Dekoration oder eben das Einbringen vom Medium Video. Leider können dort nicht die Honorare wie in den großen Clubs gezahlt werden- obwohl die Betreiber dies gern tun würden und immer die Arbeit eines Vjs zu schätzen wissen. Bei Großraumdiscotheken-Betreibern herrscht im Gegensatz dazu immer noch die Meinung, dass man anstatt ein Vjs zu booken „schließlich auch einen DVD abspielen könne“.
(Anmerkung der Redaktion) Mit gutem Beispiel voran gehen derzeit: Kassablanca (Jena), Buddha Art Gallery (Leipzig), Superkronik (Leipzig), Yard (Leipzig), Broken Harmony Projekte (Jena)
Wie sind die Reaktionen des Publikums auf eure Performances? Gibt es eine bewusste Wahrnehmung? Scheinbar geben sich doch die Partygäste im Gro nach wie vor mit bunten Lämpchen zufrieden. Da ist es ja nicht verwunderlich, dass der Veranstalter keinen eigenen Antrieb hat, an solchen Zuständen Veränderungen vorzunehmen...
Grobkorn: Mir fällt dazu gleich ein Beispiel ein. letztes Jahr war ich beim „waterbeats“ Festival. in meinem Floor wurde abwechselnd House und black-music aufgelegt. als die erste runde black kam, beamte ich Bilder von breakdancern - zum teil eigens gefilmte mit den Jungs von l.e. alive. die Leute hörten nach und nach auf zu tanzen und starrten völlig gebannt zur leinwand. nachdem dort wirklich niemand mehr tanzte, bat mich der Clubbesitzer freundlich, ob ich nicht was anderes spielen könne :) der eigene antrieb der Veranstalter wird fast immer erst dann geweckt, wenn er das Ergebnis in seinem club sieht - und ist dann umso mehr begeistert.
Devon: Das Publikum soll die Videoperformance ja als integrativen Teil der Gesamtinszenierung des Clubs sehen. es geht ja darum, dass die Leute wiederkommen, wegen der tollen djs, der Lightshow, der sexy Barfrauen und natürlich der Visuals. ich denke, dass die Visuals sehr wohl wahrgenommen werden, als selbstverständlicher Bestandteil eines guten Clubs. Das ist natürlich manchen Veranstaltern schwer zu vermitteln, das ohne Visuals die Atmosphäre einfach anders ist. Generell ist die Wahrnehmung beim Publikum jedoch durchweg positiv, wenn man nachfragt. die meisten finden auch unglaublich, das sowas live gemacht werden kann.
Zukunftsausblick, nachdem ihr euch hier nun verkauft habt, wollen wir natürlich auch noch wissen, wann und wo wir euch in nächster Zeit erleben können?
Devon: Schon bald bei der energy clubzone mit ATB, im schönen Yard Club, Buddha Art Gallery aber auch in Berlin im Icon.
Grobkorn: energy clubzone 3 (buddha art gallery), dülmen (gigaparc), Bukarest (Chauchesku Palace), Fashion Night (Promenaden Hauptbahnhof), 8. Potsdamer Modeball.
Text und Interview: Peter Weißenborn
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