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David Carretta - Interview

Titelmotiv -

In Marseille geboren ist David Carretta ein Gigolo der ersten Stunde und hat den Draht zur electronic Dancemusic seit den 80er Jahren. Seine Musik ist die Rebellion gegen Standardisierung und Einheitsbrei in einem oft waglosen Business. Depeche Mode, Front 242 und Kraftwerk sind dabei seine Vorbilder und fi nden mit leichten EMB-Sounds, Electroclash-Elementen und der gewissen Techno-Addietüde in Carrettas Musik zurück.

Viele verbinden dich nur mit Gigolo, aufgrund der vielen Releases. Du hast aber selber seit 2003 dein Label „Space Factory“, wo bereits Savas Pascalidis released hat. Was für eine Intension verfolgst du mit dem Label?
Space Factory ist „Familiensache“. Meine Frau Isabelle arbeitet auch für das Label. Der Grundgedanke besteht darin, Musik, die wir mögen, ohne Kompromisse und fernab gesetzter Maßstäbe zu releasen. Wir haben keine Vermarktungsvision für diese Musik…Space Factory ist ein Werkzeug um uns selbst zu verwirklichen. Wir versuchen neue Künstler zu finden, weil es uns wichtig ist das erste Projekt eines Künstlers zu veröffentlichen. Dazu kommt, dass wir viele meiner Producer-Freunde fragen, mit uns zusammen zu arbeiten und dieser Mix aus neuen und bekannten Künstlern ist sehr interessant.

Du bist ein Gigolo der ersten Stunde. Kannst du dich noch an das erste Zusammentreffen mit Hell erinnern?
Ja, kann ich. Es war während einer Tour durch Frankreich, die von einem Freund von mir organisiert wurde. Zu dieser Zeit war mein Englisch weit schlechter als heute und die Unterhaltung mit Hell war sehr kurz. Am ersten Tag erzählte er mir, dass ihm meine Musik gefällt und am zweiten Tag fragte er mich, ob ich ein paar Tracks machen würde, weil er ein eigenes Label gründen wollte. Ich war echt happy und stolz, weil ich seinen Musikstil und seinen Background kannte. Nach der Tour lud mich Hell ein, in dem Club „Ultraschall“ in München live zu spielen und das war mein erster Live-Act in Deutschland.

Du warst schon in jungen Jahren für Front 242, Depeche Mode oder D.A.F. zu begeistern und bist nach einigen leichten Exkursionen, wie ich finde, nun wieder zurück bei deinen musikalischen Wurzeln. Ist dein aktueller Sound eine Hommage an deine Jugend?
Als ich das Album „Kill Your Radio“ produzierte, dachte ich es sei die perfekte Musik um meine Gefühle auszudrücken. Ich war aufgebracht und erregt zugleich und die Electronic-Body-Music ist genau das Richtige um so etwas auszudrücken. Ich wollte über ernste Themen, wie Kriege, Globalisierung oder Bush reden und gleichzeitig über Tanzen und Sex. Ich mag die Idee, dass Menschen mit Sex und Tanz gegen Gefahr und Leid kämpfen können.

Terrence Fixmer hat bereits mit Douglas Mc Carthy ein Album gemacht, was zu großen Teilen den aktuellen EMB Sound verkörpert. Du bist selber ein Fan dieser Musik. Kannst du dir vorstellen irgendwann auch mal in diesem Genre zu arbeiten?
Ich würde gern ein 12"-Projekt mit Jean-Luc De Meyer, dem Sänger von Front 242, machen, denn ich bin ein absoluter Fan seiner Stimme. Ich habe einen Remix für die Band „Implant“ gemacht, das war ein Feature mit De Meyer und wurde auf Destination Records released. Außerdem hatte ich einen anderen Remix für 32Crash, ein Nebenprojekt von De Meyer und Implant, produziert, wobei ich es kaum erwarten konnte seine Stimme mit meiner Musik zu vereinen. Das Ergebnis war absolut fantastisch…ein Mix aus Front 242 und David Caretta! Ich traf sie in Brüssel während dem Front 242 Jubiläum und sie sind echt angenehme, zugängliche Menschen.

Dein Sound ist, wie du selber gesagt hast, der Kampf gegen die Uniformierung der elektronischen Musik. Was hältst du von der aktuellen Szene und wie wird sie sich entwickeln? Fehlen verschiedene Einflüsse?
Ich denke, dass ist eine sehr schwierige Frage. Heutzutage gibt es viele Produzenten und Produktionen, wegen des Computers und der leicht zu bedienenden Software um Musik zu machen. So kann jeder mit wenig Geld Musik produzieren und man kann alles, was man dazu braucht im Internet finden, während man zu Hause auf dem Sofa sitzt. In den letzten fünf Jahren hat sich vieles verändert, denn die elektronische Musik steht in einer Mutation mit der digitalen Revolution und wir müssen dieser Veränderung folgen, wenn wir die Musik der Zukunft sein wollen.

2006 gab es 3 Remixe des erfolgreichen Albums „Kill Your Radio“. Wie hast du die Künstler von Part 1 ausgewählt? Wer wird in Part 2 folgen?
Alle Künstler, die ich ausgewählt habe und auswähle, sind meine Freunde. Part 2 ist in Arbeit…

Die letzten Jahre hast du intensiv mit Remixarbeiten u.a. für Steve Bug, Miss Yetti und Kim Peers zugebracht. Dabei sind eigene Werke in den Hintergrund getreten. Warum?
Ich vernachlässige es oft, in der Zeit zwischen den Gigs in der ganzen Welt und den Remix-Anfragen, Musik zu machen, weil ich auch sehr gerne Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden verbringe…Das ist für mich sehr wichtig. Aber zurzeit arbeite ich an meinem neuen Album, welches wahrscheinlich im Oktober 2007 released wird.

International ist der Name David Caretta eine ganz große Nummer. Wie kommst du in deiner Heimat an? Wie oft spielst du noch in Frankreich?
Nach meinem ersten Album „Le Catalogue Electronique“ wurde sowohl ich als auch Gigolo in Frankreich ne größere Nummer. Aber ich spiele selten in Frankreich, weil wir nur sechs oder sieben Clubs haben…auf jeden Fall nicht genug für dieses große Land. Vor fünf Jahren hatten wir noch viele große Parties am Start, in Lagerhallen oder Open Air. Aber diese verschwinden nach und nach.

Wie bist du auf der Bühne? Bist du der verführerische Gigolo, der sture Equipment-Freak oder der absolute Entertainer?
Natürlich der verführerische Gigolo!

Magst du den Winter in Europa? Sascha Funke und Paul Kalkbrenner haben in der kalten Jahreszeit Deutschland den Rücken gedreht und sich ein Haus in Südfrankreich gemietet. Wäre das was für dich? Vielleicht mit Hell und Kittin zusammen?
Die Deutschen träumen von Sonne in der Winterzeit, aber ich träum’ vom Schnee…Ich liebe Schnee und Ski fahren. In 6 Monaten ziehe ich in die Berge, das ist ein Traum, den ich mir erfülle.

Text & Interview: C. Tschöcke und N. Walther

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