James Ruskin sorgte besonders mit seinen bisher erschienenen Alben und zahlreichen Maxis für Tresor Records und Blueprint Records für gesteigerte Aufmerksamkeit in Technokreisen. Letztgenanntes gründete er zusammen mit Richard Polson Mitte der neunziger Jahre und brachte damit schon ein paar Steine ins Rollen. Nach langer Zeit ist er mal wieder zu einem Gastspiel in einem sächsischen Club zu hören. Natürlich fielen uns da sofort ein paar Fragen an den freundlichen Engländer ein.
Wie bist du mit Musik in Kontakt gekommen? Was waren dabei deine Haupteinflüsse?
Als ich sehr jung war, interessierten mich zuerst die Musikszenen Ska und 2-Tone. Ich habe einen Bruder, der 9 Jahre älter als ich ist. Er brachte immer Schallplatten mit nach Hause und dies löste mein Vinylinteresse aus. Nachdem ich einen gewohnten Weg für Leute meiner Generation nahm, welche etwas anderes als die Mainstreambands wollten, wurde ich ein Anhänger vom frühen Hip Hop und der B-Boy Kultur, wo ich in erster Linie amerikanische Veröffentlichungen aufspürte, welche wirklich gewissermaßen früher Electro waren. Die Einflüsse gehen bis zu den frühen elektronischen Pionieren, weil sie an erster Stelle der Grund waren, weshalb bei mir alles Weitere folgte!
Was waren wichtige Veränderungen im Bereich der elektronischen Musik für dich seit dem Beginn von Blueprint Records bis heute? Wie hast du zum Beispiel das Produzieren eigener Tracks oder die Auswahl der Stücke während eines DJ-Sets verändert?
Die größte Veränderung brachte die Technik mit sich, die jetzt verfügbar ist. Als wir mit Musik machen begannen, hatten wir sehr wenig Equipment zu unserer Verfügung und dies zwang uns zum Lernen und Handhaben eines Einzelteils vom Equipment, da man nichts anderes hatte. In den letzten 10 Jahren hat es die Computerrevolution viel einfacher für die Leute gemacht, um Musik zu produzieren. Du kannst im Grunde dein gesamtes Studio im Innern des Computers haben, wofür wir gewohnt waren einen Sampler zu verwenden! Es ist großartig, dass mehr Leute die Möglichkeit zum Produzieren haben, aber es verursacht ebenso Probleme. Es gab eine Periode als viele Labels and Vertriebe so ziemlich jedes Demo veröffentlichen wollten, was sie erhielten. Dies sättigte die Szene und war ein großes Problem.
Du benutzt Ableton in deinen DJ-Sets. Arbeitest du immer damit? Warum bevorzugst du diese Software statt des Mixens nur mit Vinyl? Sammelst du noch Platten oder downloadest du neue Releases?
Ich benutze Ableton als auch Vinyl in den letzten Jahren and genieße wirklich die kreativen Möglichkeiten die es hergibt. Es ist großartig die Fähigkeit zu haben, richtig komplexe Mixe und Remixe live zu erstellen, welche nur in dieser bestimmten Nacht geschehen können. Bei dieser Musik dreht sich alles um die Technik und ich denke alles was genutzt werden kann zum Verschönern der Präsentation der Musik ist hervorragend. Ich werde immer Vinyl sammeln and benutzen, weil ich so angefangen habe und auflegen damit mag. Ich downloade Tracks, wenn ich etwas zum Auflegen suche und nicht die Zeit zur Plattensuche habe. Den Vinylkauf ziehe ich dem Download jederzeit vor.
Du legst oft einen Mix aus Klassikern und neuen Tracks als DJ auf. Was für ein Set können die Gäste beim Besuch der Party anlässlich des dritten Geburtstages unseres Magazins von dir erwarten? Legst du eher gerade oder experimentell auf oder eine Kombination davon? Hängt dies vom Partypublikum ab?
Ich mag es verschiedene Stile in meinen Sets zu verwenden, aber wie weit ich dabei manchmal gehen kann, hängt von der Location und deren Gästen ab. Ich kann nie tatsächlich sicher sein wie sich die Dinge entwickeln.
Es wurden vier 12”s jeweils in limitierter Auflage mit Remixen von befreundeten Produzenten wie Surgeon, Regis, The 65D Mavericks und Steve Rachmad sowie auch ein experimenteller Remix von Kero veröffentlicht. Wie und wann entstand die Idee zu diesem Projekt? Wer wählte die Stücke für die Remixe aus? Sind ähnliche Remixe in Zukunft geplant?
Es war etwas was ich schon lange machen wollte, also kontaktierte ich Leute, die ich einbeziehen wollte und fragte sie für welche Tracks sie einen Remix machen möchten. Ich könnte diese Serie fortsetzen, weil es noch einige Leute gibt, die ich gern einbeziehen würde.
Einige englische Produzenten (z.B. Surgeon und du) haben einen sehr eigenen Technostil etabliert, welcher nicht sehr oft bei Partys in deinem Heimatland zu hören ist, aber sehr bekannt in einigen anderen Ländern ist. Was ist deine Meinung zu dieser Situation? In welchen Ländern hast du die Erfahrung gemacht, dass jener Stil sehr beliebt ist?
Es gab schon immer hervorragende Technoclubs in meinem Heimatland, aber sie stehen nicht so im Brennpunkt des öffentlichen Lebens wie bei der Mehrheit anderer Bereiche der Dancemusik. Techno wurde immer wieder von Presse und Radio in diesem Land im Stich gelassen und das ist traurig, weil es schwer ist die nächste Generation zu informieren und deren Aufmerksamkeit zu erregen für eine Musik, die zusammen mit House der beschleunigende Faktor für so gut wie alles war, was wir seitdem hatten. Einige der Hauptakteure in unserer Szene kommen aus UK und haben ihren eigenen Sound in die Welt hinaus getragen, aber größtenteils zeigen die englischen Musikmedien keine Unterstützung. Ich bin in der glücklichen Lage jede Woche zu reisen und zu sehen was in anderen Ländern passiert und die Unterstützung von Presse und Radio in anderen europäischen Ländern ist erstaunlich verglichen mit dem was wir hier sehen.
Was denkst du über den Boom von “Minimal” besonders in Deutschland?
Wie bei allen Richtungen gibt es Gutes und Schlechtes. Ich denke nicht das es etwas besonders Neues gibt, als das was Robert Hood mit „Minimal Nation“ 1994 bestens gemacht hat! Es gibt einige richtig gute Platten, die momentan erscheinen und ich benutze eine Menge, obwohl ich persönlich nur dies nicht die ganze Nacht im Club hören könnte, weil ich glaube das ein ziemlich großer Wechsel im Energielevel nötig ist.
Welche kommenden Releases sind geplant und was sind deine anderen Pläne (Antination usw.) für die Zukunft?
Im Augenblick nehme ich mein viertes Album auf, welches ich hoffentlich bald vollständig fertig stelle, wenn ich die Zeit dazu habe! Ich arbeite außerdem etwas an Musik mit Luke Slater, was interessant für mich ist, weil ich seit einiger Zeit mit niemandem im Studio zusammen gearbeitet habe. Ich weiß nicht was mit „Antination“ passieren wird, weil es ein mit Richard erdachtes Projekt war und ich meine, dass jeder andere darin Einbezogene es fortzusetzen schwierig findet.
Es war sehr traurig als wir vom Tod von Richard Polson erfuhren. Vielleicht möchtest du uns noch ein paar Worte über ihn mitteilen?
Es ist sehr schwer für mich etwas über Richard in Worte zu fassen. Er war mein bester Freund und sein Ableben hat ein riesiges Loch in meinem und dem Leben vieler anderer Leute hinterlassen. Wir lernten uns vor fast 20 Jahren kennen und in dieser Zeit gab es so viele Geschichten, dass ich ein Buch schreiben könnte. Unsere Freundschaft und Begeisterung für Musik lies uns zusammen ein kleines Studio einrichten, um zu sehen ob wir unsere Ideen auf Vinyl umsetzen könnten. Schließlich starteten wir 1995 Blueprint Records als Medium für unsere Zusammenarbeit. Er hatte stets seine eigene Einstellung zur Musik und bevorzugte hinter den Kulissen zu bleiben, wo er sich auf das konzentrierte was für ihn wichtig war. Er duldete keinen Quatsch und war ein wirklich einmaliger und sorgfältiger Mensch, der immer in meinen Gedanken bleibt. Richard wird von jedem der ihn kannte sehr vermisst und ich finde es sehr schwer mir ein Leben ohne ihn vorzustellen.