Während ein Ricardo Villalobos im Berliner Club „Berghain“ fröhlich den sehr eigenwilligen Dubstep-Sound aus England propagiert, während die meisten wohl denken, das sei DER neue Minimal-Ableger, stellen wir Euch doch an dieser Stelle gern ein weiteres Beispiel dafür vor, wie sehr Genregrenzen doch verwischen können. Denn wer bei dem Begriff „Breaks“ immer noch denkt, er könne sich als Liebhaber des geraden Beats mangels Interesse an der Stelle bereits aus diesem Text ausklinken, dem ist wohl noch nicht das Debütalbum des Breakbeat-Wunderkinds Merka zu Ohren gekommen.
In der Tat empfiehlt es sich hier, diesen Blick über den Tellerrand zu wagen, denn mit seinem frischen, vorwärts denkenden und unkonventionellen Sound auf dem dieser Tage erschienenen Debütalbum „Beserka“ mischt der junge Londoner nicht nur die Breaks-Szene gehörig auf. Wie bei allen bedeutenden Alben in der Musikwelt ist es dieses Zeitlose, was den Hörer schon jetzt wissen lässt, dass dieses Werk ein Klassiker wird. Wie bei allen wirklich guten Longplayern kann man hier bedenkenlos die Repeat-Taste des CD-Players betätigen. Wieder und wieder.
Entgegen des derzeit geläufigen Minimal-Trends setzt Merka auf eine Vielzahl von Ideen, die er in jedem einzelnen Track umsetzt. Die Zutaten für nur eines seiner Stücke verbrät manch Anderer für ganze 3 Tracks. Und wenn man denkt, die erste Spielminute verheisst eine nette NuJazz-Nummer, wird man im nächsten Moment wieder vollkommen überrascht, um sich direkt in einem Sog aus kickenden TechFunk-Elementen wiederzufinden. Dieser Mann ist alles andere, nur nicht berechenbar. Dabei dient ihm der Breakbeat nur als ein Puzzlestück seiner vielschichtigen Produktionen. Es wird aus Filmsequenzen gesampelt, und immer wieder neue Töne dringen durch diese unglaubliche Dichte an Sounds, die insgesamt jedoch stets einen harmonischen Tune auf die Bildfläche zaubern. Man vernimmt Streicher, psychedelische Gitarren, süße Frauenmelodien, bratzende Rave-Bässe.
Gelernt hat das auch als Mark Ford bekannte Jungtalent sein Handwerk in einem der besten Londoner Tonstudios. Auch bis heute kennt er keinen Ort, an dem er sich wohler fühlt: „Ich genieße es, stundenlang in meinem kleinen Bedroom-Studio zu sitzen. Die Zeit scheint völlig unwichtig zu werden, ich lasse mich total hineinfallen und vergesse die Welt um mich herum. Am produktivsten bin ich nachts, wenn all die Ablenkung verschwindet und Musik alles ist, was ich dann noch im Kopf habe. Da bin ich am glücklichsten.“ Doch auch als DJ ist er aktiv, und spielt dabei am liebsten die eigenen Tracks. Verständlich, denn sein Style ist nun einmal sehr unique. Das konnte man auch letztens im Berliner 103 Club erleben, wo er im Rahmen der „Chew the Fat!“-Partyserie eingeladen wurde. Dieses weltweit erfolgreiche Breaksevent-Franchisesystem wird vom Fat!-Office aus gesteuert, wo Merka neben dem anfänglichen Bürojob schliesslich auch seine Label-Homebase fand.
Und natürlich können wir auch nach „Beserka“ noch eine Menge von ihm erwarten: „Also ich habe Pläne, an allen möglichen Projekten von Pop bis Techno zu arbeiten, aber um ehrlich zu sein, bin ich momentan lieber allein. Ich habe eine Menge Freunde, die großartige Musik machen, und die ich alle gern mal ins Studio holen würde. Und dazu natürlich auch die Arbeit mit anderen Produzenten. Ich hatte die Chance, solo an meinem Album zu arbeiten und wirklich mein eigenes Ding zu machen, was meiner Meinung nach sehr dazu beigetragen hat, ein wenig aus dem System auszubrechen. Also ich werde im Laufe diesen Jahres auf jeden Fall mehr dahinter sein, so oft wie möglich mit anderen Produzenten und Sängern zu arbeiten, um meinen Horizont zu erweitern.“
Wer sich die Zeit bis dahin verkürzen möchte, kann sich neben den bisherigen Singles und dem Album auf Fat! auch die Produktionen auf den Labels Re:connect und Big Square besorgen, welche ebenfalls rockende Nummern sind! (Text: Sascha Heyne)