// Portraits

Anja Schneider

Titelmotiv -

...umtriebige Entertainerin ("dance under the blue moon" auf Radio Fritz/RBB) und Labelchefin des Berliner Labels mobilee. Nunmehr immer häufiger auch weit über die Landesgrenzen Berlins und Brandenburgs hinaus als gefeierte DJane gebucht. Und das obwohl sie eigentlich gar nicht so richtig als DJane rauskommen wollte und dies auch erst seit 2003 tut. Wie die Wege des Lebens nunmal so spielen...mehr zu diesem und anderen Themen konnte Redakteurin Jennifer Lüders in diesem Interview in Erfahrung bringen.

Angefangen hat deine Radio/Redaktionskarriere beim Berliner Sender Kiss FM. Damals bist du dort reingeschneit mit „Hallo da bin ich! Macht was draus.“ und hast so einige Formate entwickelt, für die dir ganz Brandenburg und Berlin (und wo man sie noch überall empfangen kann und konnte) extrem dankbar sind! u.a. Loveradio (Fritz), Dance under the blue Moon (Fritz). Du wolltest eigentlich nie in den Vordergund rücken als Moderatorin oder ähnliches und nun bist du als Produzentin, DJane, Veranstalterin, Labelinhaberin und Moderatorin bekannt. Nervt dich das ständige Präsent sein müssen manchmal? Bist Du zufrieden, so wie es jetzt ist, oder hast du noch weitere Ziele vor Augen?

Ich denke, ich habe das genau richtig gemacht. Ich bin nie zum Radio oder an die Öffentlichkeit gegangen, weil ich im Vordergrund stehen wollte. Mein Antrieb ist immer die Liebe zu der Musik. Früher hätte ich das mit der Öffentlichkeit vielleicht nicht so gut verkraftet und auch nicht so verstanden. Ich nehme „mich“ heute dabei überhaupt nicht so wichtig, sondern wichtig ist, daß Du Deinen Job gut machst und wichtig sind immer die Leute für die Du das machst.

Es war schon länger ein großer Wunsch von dir ein eigenes Label zu haben. Einer deiner Grundsätze dabei war von Anbeginn, Künstlern eine Plattform zu bieten, die noch nicht so bekannt sind, sozusagen den Nachwuchs zu fördern. Wer empfängt die Demos und entscheidet derzeit bei „mobilee“ über Releases?

Da auch die unzähligen Demos, die ich bekommen habe, der Antrieb zur Gründung eines eigenen Labels waren, entscheide ich tatsächlich selber und versuche auch mir alles anzuhören und auch immer ein Feedback zu geben. Da ich immer weniger Zeit habe, klappt das nicht immer auf Anhieb, aber ich gebe mir sehr viel Mühe. Trotzdem stimme ich jeden mobilee Release auch mit den anderen Künstlern ab. Es ist mir extrem wichtig, mit den anderen mobilee Künstlern einen regen Austausch über die Musik zu haben. Speziell wenn es zu einem neuen mobilee Release kommen soll ist mir jede Meinung meiner Künstler wichtig.

Aus den Popmobil Partys sind nun Mobilee Partys geworden. Du sagtest, der Begriff Popmobil hätte musikalisch nicht mehr ganz gepasst. Wie seit Ihr auf den Namen „Mobilee“ gekommen. Hat er für euch einen musikalischen Hintergrund?

Mobilee ist mir auf einer Autofahrt von Berlin nach Potsdam eingefallen. Popmobil hatte sich als „ Marke“ schon durchgesetzt und mobilee liegt sprachlich dem popmobil nicht allzu fern. Da Sprache ein wichtiger Bestandteil meines Lebens ist, nutze ich die Möglichkeiten. Mir gefällt die Idee eines Perpetuum Mobilee, das als ein geschlossenes System gilt in dem gemäß dem Energieerhaltungssatz keine Energie entstehen oder verschwinden kann. Mit anderen Worten: Wenn eine Maschine scheinbar Energie aus dem Nichts erzeugen würde, dann gäbe es innerhalb der Physik nach kurzer Zeit eine Theorie, nach der diese Energie "eigentlich eine schon vorhandene Energie ist", die nur in eine "neue Form umgewandelt" wird. Man spricht in diesem Kontext auch von „freier Energie“. Das passt sehr gut zu den Menschen bei mobilee.

Wenn Anfragen von Labels kommen, die musikalisch zu deinem Style passen, würdest du auch auf Ihnen deinen Sound releasen. Gibt es denn ein Label, auf dem du gerne mal etwas veröffentlichen würdest?

Nein , eigentlich macht es mehr Sinn als Labelowner auf seinem eigenen Label zu releasen. Ich bin auch kein Freund des „Label-Hoppings“. Natürlich gibt es da die 5 Top Labels - die üblichen Verdächtigen - wo ich nicht nein sagen würde, aber ich strebe das nicht an.

Du bist seit 2003 als DJane unterwegs. Mitunter ein Grund dafür, das du damit angefangen hast war, das die Nachfrage einfach groß war. Hast du dich vor dieser Entscheidung „offiziell“, vor Publikum aufzulegen, schon damit beschäftigt? Hat dich jemand beim Erlernen des Handwerks – Mixing - unterstützt? Wie war es und wo hast du das erste mal gespielt?

Ich habe mich immer schon mit DJ-Musik beschäftigt und immer schon mit DJ’s gearbeitet durch die verschiedenen Projekte wie Loveboat, Loveradio und Dance Under The blue Moon. Der Kick zum Auflegen kam durch eine Bookers Night Party, wo die Booker und die Menschen im Hintergrund alle auflegen müssen und die DJ’s die Jobs der Künstlerbetreuer, Bar, Tür oder des Lichtjockey übernehmen. Das hat mir natürlich Spass gemacht. Eine echte Lehrstunde gabs dann von meinem Kollegen André Langenfeld, der hervorragend erklären kann und dabei ruhig bleibt.

Damals war es für dich eine extreme Umstellung, von der Radiomoderation und dem im Radio Platten spielen, zum vor Publikum auflegen. Auf einmal die direkte Konfrontation und die 1 zu 1 Übertragung der Reaktion auf bestimmte Scheiben. Bist du damals wie heute noch aufgeregt vor einem Gig oder hat sich das mit der Zeit gelegt?

Ich bin teilweise noch immer aufgeregt, obwohl es sich relativiert hat. Ich bin mit der Zeit viel selbstsicherer geworden und bin mit mir und meinem „Schaffen“ absolut im Klaren.

Du spielst ja sehr gern auch auf Festivals. Sonne Mond Sterne, Summer Spirit, Melt! ect. Bist du ein Festival Typ? Also mit Zelten, Grillen und mit der Zahnbürste über das Gelände robben?

Tja, eigentlich gar nicht. Aber wenn ich mich darauf einlasse macht es einen riesen Spass. Das Auflegen auf den Festivals war bisher tatsächlich immer ein Highlight.

Ellen Allien hat auch einige Zeit bei Kiss FM moderiert. Habt ihr euch damals schon kennengelernt?

Ja klar und wir mögen und respektieren uns.

Wie gehst du mit Kritik um? Ich kann mir vorstellen, daß es einige Neider gibt, die deinen Erfolg gern allein auf das „Frau sein“ oder „bei Fritz moderieren“ schieben.

Klar gibt es Kritik. Kritik ist wichtig, um an sich zu arbeiten wenn sie konstruktiv ist.. Die genannten Kritikpunkte lassen mich kalt. Ich bin nicht der einzige Künstler der aus einer Radiosendung heraus gross geworden ist. Beispiel Laurent Garnier, Paul van Dyk, usw....

Du produzierst zusammen mit Sebastian (Sebo K), einem guten Freund von dir. Wie war es beim ersten Release. Warst du unsicher wie der Track bei den Leuten ankommen wird? Hast du mit solch einem Erfolg gerechnet? Wie geht’s produktionstechnisch weiter?

Also ich kenn keinen Künstler der mit Sicherheit von sich behauptet „jetzt haben wir aber einen Hit produziert..“. Außer vielleicht die Jungs von Alter Ego mit „Rocker“. Natürlich ist man immer unsicher und aufgeregt wie der Track ankommt. Wenn es klappt ist die Freude groß. Sebo und ich haben uns aber nach dem Erfolg von Rancho Relaxo etwas unter Druck gesetzt gefühlt und haben gemerkt, dass jeder mal seinen eigenen Weg gehen muss. Rancho Relaxo hing wie ein Damokles Schwert über uns. Ich wollte bei dem nächsten Track weiter gehen und etwas anderes ausprobieren und Sebo hat „Rancho Relaxo“ nicht aus sich raus bekommen. So ist die Sebo K, die mobilee 007, daraus entstanden und von mir kommt die mobilee 010 „Lily Of The Valley“ im Mai. Ich habe auch Remixe für Dessous und Tsuba Recordings produziert und habe dafür mit Marco Resmann von Pan-Pot und Luna City Express gearbeitet, was sehr erfrischend war. Im Mai werden Sebo und ich an einem Remix für das Vegetable Orchestra auf Karmarouge arbeiten und ich freu mich drauf. Es wird aber sicher noch andere Konstellationen geben in Zukunft auf die ich mich freue. Es macht einfach viel mehr Spass mit verschiedenen Leuten zur arbeiten. Das gibt auch immer wieder neue Inspirationen.

Du bist gut gebucht als DJane und hast es dabei gar nicht so leicht, denn an jedem Samstag moderierst du deine Sendung „Dance under the blue Moon“ live von 10-01 Uhr. Das heißt, Auslandsgigs fallen komplett weg, weil nicht umsetzbar und andere dürfen nicht zu weit entfernt sein. Macht dich das manchmal traurig, wenn du eine tolle Anfrage ablehnen musst?

Nein, ich liebe meine Sendung und ich liebe es sie live zu machen, aber ich muss nicht immer soviel ablehnen, da geht schon immer mal was an Samstagen.

Die komplette Sendung liegt in deiner Eigenverantwortung. Von Wort, bis Musik, über Gast, bis hin zu Partyempfehlungen. Einfach das komplette Paket. Das arbeitest du unter der Woche aus. Dafür gehst du in Plattenläden, informierst dich über Partys und wie läuft das mit den Gästen?

Es ist tasächlich so, daß die Sendung immer schon ca. 6 Wochen im Voraus ausgebucht ist. Mittlerweile gibt es einen enormen „Run“ auf die Sendung und ich stimme die Themen immer mit aktuellen Geschehnissen ab. Aktuelle Alben, Releases, Newcomer, Charts ...

In der Woche arbeitest Du für’ s Label, bereitest Deine Sendung vor, produzierst und am Wochenende hast du Gigs und moderierst. Dein Leben dreht sich also zu 99% um elektronische Musik. Da braucht man jemanden an seiner Seite, der einen dort Unterstützt und Rückhalt gibt. Ralf Kollmann, dein Labelpartner, ist da ein wichtiger Part oder?

Der wichtigste in meinem Leben.

Viele denken wahrscheinlich, du bekommst so viele Promos zugeschickt, das du dir gar keine Platten mehr kaufen musst. Das stimmt aber so nicht. Du gehst noch immer leidenschaftlich gern in den Plattenladen, oder? Wo trifft man dich beim Plattenkauf und was passiert eigentlich mit den Bemusterungen, mit denen du so gar nichts anfangen kannst? eBay?

Nein. E-bay kommt nicht Frage. Ich finde immer Freunde oder Kollegen, die mit manchen Platten was anfangen können und die verschenke ich gerne.

Gibt es jemanden, von dem du musikalisch ein ganz großer Fan bist?

Pharell Williams

Du bist geboren in Bergisch Gladbach, hast lange in Köln gelebt und bist in den 90’gern nach Berlin gezogen aus privaten Gründen. Vermisst du Köln manchmal oder überwiegt die Liebe zum Sommer und Highlife / Nightlife in Berlin?

Mittlerweile bezeichne ich mich schon als Berlinerin, denn ich bin jetzt über 12 Jahren hier. Das sagt schon alles oder?

Schlussendlich, hoffe ich du setzt dich weiterhin für unsere geliebte Musik ein und "erhellst" uns den Dance am Samstag Abend, als Moderatorin, DJane, Producerin, Veranstalterin und natürlich Nachwuchsförderin mit deinem Label! Vielen lieben Dank!

Interview: Jennifer Lüders

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