Nach dem fulminanten Start ihres Samstags-Partykonzepts „Dress 2 Sweat“ in der Distillery holen Sencha, Peak Phine und Snout am 05. Juli eine Electro-Legende als Ehrengast in selbigen Keller: Keith Tenniswood aka Radioactive Man- und das auch noch live! Nicht nur durch den wegweisenden Sound durch nahezu die gesamte Techno-Ära zusammen mit Andrew Weatherall und gemeinsame Projekte wie „2 Lone Swordsmen“ hat er einen festen Platz in der Musikgeschichte, sondern auch mit seinem Solo-Output, der facettenreich und unbekümmert durch eine bunte, und unglaublich mitreißende Palette an elektronischen Sounds führt. Nun ist er mit einem weiteren Longplayer am Start, der übrigens neben den unzähligen „Fabric Live“-Compilations als erstes Artistalbum des Londoner Superclubs herausgebracht wird. Das sagt Einiges über die musikalische Qualität aus, und ist Grund genug für ein Interview mit Keith…
Zuerst einmal ein kleiner Blick zurück… wie kamst du mit Musik in Berührung?
Meine Eltern beschäftigten sich intensiv mit Musik, vor allem mein Dad. Der war in den 60er/70ern so ein richtiger Rocker. Er kaufte mir eine Gitarre, als ich 9 war. Aber ich konnte damit nichts anfangen, bis ich ein paar Jahre später merkte, dass die Girls ziemlich darauf stehen…!
Wo kommen deine musikalischen Einflüsse her? Was inspirierte dich früher und tut dies immer noch?
Eigentlich alles von Hendrix, Kraftwerk bishin zu Lee Scratch Perry und frühem Ravesound. Ich höre immer noch eine Menge Live-Zeug, momentan am liebsten „Midnight Boom“- das Album von The Kills. Glücklicherweise habe ich eine Menge Freunde, die auch Producer sind, so dass ich immer neuen Stuff zum Spielen bekomme.
Wie sah der Arbeitsprozess an deinem neuen Album “Growl” aus? Und wie lange hat’s gedauert?
Mit Pausen zog sich das über 5 Jahre. Es ging mir nicht darum, einen Longplayer nur um der Sache Willen raus zu bringen. Der Prozess an sich ist sehr simpel: Tee kochen, loslegen und sich treiben lassen. Ich mag es, nachts zu arbeiten, da dann das Telefon nicht klingelt und man ungestört ist. In diesen Stunden passiert auch etwas mehr mit dir und deiner Kreativität- man geht einfach ein Stück weit tiefer…
Gibt es deiner Meinung nach Unterschiede zu vorangehenden Radioactive Man- Alben?
Unterschiede sind da, aber es ist nicht so, dass ich meinen Sound total umgekrempelt hätte oder so. Es gibt mehr Electr-Pop, housy Vibes und ravige Parts. Ich hoffe, immer noch sehr eklektisch alles in allem.
Wie kam es dazu, dass “Growl” als erstes Artistalbum auf Fabric erschien, und gleichzeitig auf Control Tower herauskam?
Es wurde exklusiv an Fabric über Control Tower lizensiert. Ich habe weder die Zeit, noch das Know-How, um ein Album im Alleingang zu releasen. Also fragte ich meine guten Freunde in der Fabric, ob sie das nicht übernehmen wollten- und so geschah es…
Wie lange braucht es, bis ein Track bei dir fertig wird, und gibt es bestimmte Schritte, die du dahingehend verfolgst?
Ich mag es nicht, mich zu lange mit Musik aufzuhalten. Eher denke ich, man kann schnell den Vibe verlieren, wenn man zu lange an ein und demselben Loop sitzt. Das macht mich verrückt! Generell mag ich es, einen Track in wenigen Tagen fertig zu stellen. Klappt natürlich nicht immer. Manche Tunes schreiben sich fast von selbst, und andere wollen einfach nicht zu Ende gebracht werden.
Was ist dir bei einem Track inhaltlich wichtig? Findest du auch eigene Worte, um den „Radioactive Man“-Sound zu beschreiben?
Ich mag es immer, an der Oberfläche zu kratzen und ein Stück tiefer einzutauchen. Im Studio geht es für mich darum, vorausschauend und geduldig zu arbeiten. Man muss erst schauen, was aus einem Sound entstehen kann, auch wenn es im ersten Moment hier und da mal keinen Sinn ergibt. Das habe ich von Mr. Weatherall gelernt. Der trinkt auch eine Menge Tee (lacht).
Die letzten Zeichen auf eurem Label Rotter’s Golf Club gab es mit den 2 lone Sworsdmen-Alben im letzten Jahr. Wie sieht es mit den nächsten Releases aus?
Nicht im Moment. Andrew macht seine Solo-Platte und ich spiele Gitarre für eine Band von einem Freund namens Christopher D Ashley. Dann spielen wir auf ziemlich vielen Festivals diesen Sommer, und machen jeweils noch unsere eigenen Live-Shows. Aber sag niemals nie…
Und generell mal wieder etwas mit Andrew im Studio basteln?
Nach 15 Jahren jeden Tag im selben Raum rumhocken- ich glaube, da ist eine Pause voneinander nur gesund!
Was inspiriert dich denn so zum Musik machen? Und was sind für dich anderweitig gesunde Pausen, wenn du mal keine Beats schraubst?
Inspiration bekomme ich durch Freunde, die auch alle Musik machen. Mit denen hänge ich rum und höre mir ihre Beats an. Im Pub verbringe ich wiederum am liebsten meine Freizeit.
Und schließlich- was können wir von dir demnächst neben dem Album noch erwarten?
Ja, da gibt es auf jeden Fall so Einiges. Ein Dub-Album habe ich fast fertig, was ebenfalls fast 5 Jahre gebraucht hat. Das sollte noch in diesem Jahr erscheinen. Dann schreibe ich mit Chris Ashley konstant an neuem Stuff, und halte auch mein Live-Set permanent up to date. Und mit dem Gitarre spielen versuche ich ebenfalls, dran zu bleiben. Mehr mit Dot Allison würde ich auch gern machen- ein großartiges Talent!
Interview: Sascha Heyne