Wie heisst es in seiner Biografie sinngemäß: „Techno in Leipzig ist unweigerlich mit dem Namen Christian Fischer verbunden.“ Stimmt! Dass diese Schlussfolgerung trotzdem irgendwie paradox ist, und wie es mit ihm und seinen Projekten tatsächlich auf nationaler und internationaler Ebene aussieht, erfahrt ihr in den folgenden Zeilen.
Christian Fischer ist nach jahrelanger, harter Arbeit inzwischen zum „Global Player“ gereift. Längst hat er mit seinem Label „Definition Records“ die Marke von 20 Releases weit hinter sich gelassen, produziert aber auch für eine Vielzahl anderer Imprints, und ist als DJ in verschiedensten Ecken der Welt unterwegs.
Dabei hat alles relativ überschaubar angefangen, indem er sich regional als Plattendreher einen Namen machte und zeitgleich die ersten Defintion-Veröffentlichungen an den Start brachte. Christian erzählt: „So um `99 herum wurden die ersten Platten schon weltweit rauf und runter gespielt, es gab sehr viel Feedback von ausserhalb, und so kamen auch interessante Kontakte zustande, wie z.B. zu DJ Murphy. Schliesslich flog ich für ein paar Gigs nach Brasilien und die Zusammenarbeit wurde intensiver.“
Sehr intensiv sogar- wenn man bedenkt, wie viele Tracks die Beiden in der Zwischenzeit zusammen gemacht haben, und wie oft sie jeweils über den großen Teich jetten. DJ Murphy hat dank seiner grandiosen Mixkünste mit perfekten Cuts, Tricks und Scratches zu bangendem Techno ein sehr gutes Standing in Europa aufbauen können, und Christian ist auch mindestens einmal pro Jahr für mehrere Wochen in Südamerika unterwegs. Oft natürlich auch mit gemeinsamen Auftritten verbunden, an vier Plattenspielern präsentiert, die sie demnächst sogar auf Riesenevents wie die Mayday führen.
Christian ist mittlerweile bei der nächsten Stufe angekommen. Nachdem er soeben erst „nebenbei“ sein Studium hinter sich gebracht hat, ist er nun voll und ganz für die Musik da. Und da er sich als typisches „Stadtkind“ bezeichnet und ständig busy ist, sind trotzdem schon zahlreiche Veröffentlichungen bis zum Ende des Sommers unter Dach und Fach. Besonders hervorzuheben ist hier die auf ZYX erscheinende Compilation „Clubtech Panorama“, zu der es vorab eine Single via Definition geben wird, die vier recht unterschiedliche Tracks von ihm beinhaltet und ebenso wie beim Mix einfach einen vielseitigen Einblick in seine Welt des Techno liefern soll. Schon die aktuelle „Meiler E.P.“, die in Zusammenarbeit mit einem norddeutschen Produzenten namens „The Ascent“ erschien, kam deutlich melanchonisch-groovender, als der etwas härtere Techno, für den Christian zum Teil bekannt ist. „Das Minimal-Thema ist schon interessant, aber damit meine ich weniger die Pling-Plong-Produktionen, vielmehr kann es ebenso auch Oldschool-Techno sein. Ich versuche einfach, etwas Eigenes zu schaffen. Dabei wird beim Produzieren eher gejammt- man schaut, was dabei herauskommt. Da wird kein Minimal-Track geplant, aber wenn so etwas in der Richtung entsteht und es passt, kommt es raus. Das ist auch die Definition-Philosophie.“
Für ihn ist dieses vielseitige Soundspektrum eher ein unbewusstes Konzept, vielmehr passieren natürlich auch einige Sachen „von Freunden für Freunde“, beruhen eben auf gegenseitigem Respekt und Sympathie, solang es in das weit angelegte Defintion-Schema passt. Das belegen die vielen Künstler, die auf Christian’s Label bereits ihre Musik unterbringen konnten, denn darunter finden sich neben wohlbekannten Namen der Szene auch viele frische, unbekannte Artists. Auch ein Album ist für Christian in naher Zukunft vorstellbar, als man ihn darauf anspricht: „Es soll auf jeden Fall cluborientiert ausfallen, schliesslich produziere ich ja immer aus der Sichtweise eines DJ. Man sollte sich selbst da allerdings auch nicht zu ernst nehmen, und so würde ich da Einges ausprobieren, sehr gern auch mit Gesang arbeiten.“
Wie sieht es nun aber, von der internationalen Sichtweise auf sein Schaffen mit der regionalen Reputation aus? Immerhin ist hierzulande ja nicht mehr so weit her mit Technosound abseits von „Minimal“ und sehr harten oder verrückten DJ-Sets auf der anderen Seite. „Im Grunde war Leipzig ja nie richtig ‚Techno’. Viele Größen wie beispielsweise Umek haben hier nie gespielt. Ähnlich ist es auch in der Umgebung. Man steht hier eher für House und Minimal, und sicher ist man generell in anderen Ecken der Welt auch teils stiloffener.“ Da wären wir wieder bei der These vom Propheten im eigenen Land...
Zum Glück ist der Mann aber bestens ausgelastet, und so macht es eines seiner raren DJ-Sets in der Heimat umso besonders, zumal er übrigens als jahrelanger Final Scratch-User und jetziger Xone 3D-Nutzer auch immer auf dem besten Stand der DJ-Technik ist, und so sehr effektiv und individuell seine Sets gestalten kann.
Text: Sascha Heyne