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Tanith – kickin’ da Meantone

Titelmotiv -

Urgestein ist wohl das Wort, welches zu ihm passt. Der Mythos Tanith existiert seit Beginn der ersten Technoparties, wie z.B. „Tekknozid“ in Berlin, und belebt auch heute noch die Szene. Denn trotz der eher sparsam veröffentlichten Eigenproduktionen ist dieser Mann als DJ immer noch höchst aktiv und gern gebucht. Dabei lotet er auch, genau wie früher, die Grenzen seines Soundspektrums immer wieder auf’s Neue aus.

Zu Anfang ein kleiner Blick zurück: Du bist damals der erste Resident-DJ im Tresor gewesen. Was geht Dir durch den Kopf, wenn solche Clubs schließen, die ja auch einen Teil Deines Lebens begleitet haben?
Tanith: Na klar, zuerst einmal durchzuckt es einen ungut, aber das einzig Beständige ist ja der Wandel und das Alte muss zerstört werden, damit das Neue entstehen kann. Von daher hoffe ich, dass aus dem Tod des Einen etwas noch Besseres oder zumindest Zeitgemäßeres entsteht.

Zeitgemäß ist ein gutes Stichwort. Du hattest auch schon immer eine starke Affinität zu Breaks, auch eines deiner Online-Foren beschäftigt sich nur mit diesem Thema. Wie entwickelt sich der Sound z.Z. aus deiner Sicht?
Tanith: Hm, schwierige Frage! Klar bin ich den Breaks nach wie vor zugewandt, aber dem momentanen Status Quo stehe ich eher zweifelnd gegenüber. Das was die üblichen Verdächtigen so abliefern ist mir zu formelhaft und in meinen Ohren zu sehr auf Gefälligkeit hin produziert. Ich forsche nun vermehrt nach den Outsidern des Genres, bzw. sehe mit Freuden, dass Leute, die eigentlich gar nix mit Breaks am Hut hatten, durch Electro oder dem gesteigerten Bewußtsein für Breaks, sich auch daran versuchen und finde diese Ergebnisse oftmals besser als den Konsenssound, den die Breaks momentan so bieten.

Und Du legst Breaks auch nach wie vor auf, einzeln oder vermischt mit Techno-Tunes. Ist das Publikum dafür offen?
Tanith: Das kommt immer auf die Gegend und auf den Club an, es gibt Gegenden da gehen Breaks gar nicht, in anderen geht wiederum sehr viel, allen gemeinsam ist, dass man besser das Wort Breaks nicht in den Mund nimmt, weil die Leute dann oftmals denken, sie würden überfordert, bzw. kennen Breaks nur in der Form von Happybreaks. Wenn man dann ein Set mit einer halben Stunde Breaks beendet, heißt es oft, das wäre aber cooler Electro gewesen. Tja...

Beim Auflegen greifst Du in letzter Zeit auch vermehrt neue Techniken auf, was das Einbinden von zusätzlichen Geräten und Software angeht, richtig?
Tanith: Jep, definitiv! Das Kaosspad ist oft dabei, das AirFX und seit neuestem lege ich fast nur noch mit Serato Scratch auf, weil es mir so möglich ist, selbstgemachte Remixe zu spielen, freie Tracks aus dem Internet einzubinden und überhaupt gestaltet sich ein Set ganz anders, wenn man seine komplette Library im Club zur Verfügung hat, mit Plattenkoffern ist man im Gegensatz dazu ja gezwungen, schon vorher sehr genau zu überlegen, was man zum Gig mitnimmt.

Wie sieht es mit Produktionen aus? Kommen uns bald wieder eigene Tracks und Remixes von dir zu Gehör?
Tanith: Mit Sicherheit! Spätestens beim Launch des Onlinelabels, vielleicht aber auch schon vorher auf traditionellem Vinyl, dann aber bei befreundeten Labels. Der letzte Remix ist übrigens gerade erst draußen: Yanek – „Wie fühlst du dich jetzt“ im Tanith-Remix.

Wann kommt denn nun das Onlinelabel namens „Vitriol“, welches von dir schon länger geplant ist?
Tanith: Vitriol is dead, lange lebe Meantone! Bei Vitriol mußte ich leider feststellen, dass sämtliche relevanten URLs schon vergeben waren, was für ein Onlinelabel natürlich fatal ist. Ich hab daraufhin das Baby kurzerhand in Meantone umgenannt. Ich arbeite gerade mit einem Programmiererteam an einer Software für das Label, die wir dann opensource-mäßig auch anderen Labels zugänglich machen wollen, so dass auf dem Gebiet endlich mal Schwung reinkommt.

In deinem Blog geht es auch oft um das Geschehen, bzw. die Missstände in der Musikindustrie. Wo siehst du da das Hauptproblem, wenn es sich denn überhaupt eingrenzen lässt?
Tanith: Das Hauptproblem ist Besitzstandwahrung von Leuten, die das Internet nicht begriffen haben, bzw. von denjenigen, die das Urheberrecht des Künstlers zu ihren monitären Gunsten zweckentfremden wollen. Weitere Probleme die ähnlich gelagert sind, sind Institutionen wie GEMA, die mit ihren veralteten Wirtschaftsmodellen allen Fortschritt behindern und somit Künstler und Kunden vergrätzen.



Text & Interview: Sascha Heyne

related link: www.tanith.org