Lady Susan und andere Erzählungen
- Genre
- Roman, Erzählung
- Autor
- Jane Austen
- Verlag
- Manesse
- Erscheinungsdatum
- 21.03.2011
- Erscheinungsform
- Gebundenes Buch, Schutzumschlag, 336 Seiten
Bewertung
Michael Möbius, Jul 20115 / 5 Sternen
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„Kennen Sie Jane Austen?“ Einige so Befragte würden sich wohl etwa wie folgt äußern: „Von der ist doch Stolz und Vorurteil, oder? Es gibt, glaube ich, auch eine recht gute Verfilmung des Stoffes. Sogar mit Keira Knightley, wenn ich nicht irre.“
Sehr richtig! Doch keineswegs können diese Angaben als hinreichend angesehen werden, so man der Autorin gerecht werden möchte. Auf diesen, an sich selbstverständlichen, Befund stößt wer sich dieses hübschen, kleinen Büchleins annimmt, sich daran zu erfreuen. Denn es stellt sich als, im besten Sinne, unterhaltsam dar.
Da ist zu Beginn der Briefroman „Lady Susan“. Eine überaus frische Witwe, sich ihrer Vorzüge bewusst, spielt mit den Männern. Beinahe nach Belieben. Dabei geht sie, konsequent ihre Macht über die Herzen ausnutzend, ihren Weg. Der sie in gesicherte, finanzielle Verhältnisse führen soll. Zu diesem Zweck soll ihre Tochter verheiratet werden. Einem wohlhabenden Adeligen, nebenbei ein Idiot, gebührt deren Hand, welche diese jedoch für sich behalten möchte. Der Vorhang geht hoch und Intrige und Täuschung betreten die Bühne des Puppenspiels, bei welchem Lady Susan die Fäden zieht. Sich selbst dabei mit einer Marionette, zur Ablenkung und sportlichen Erprobung der eigenen Fähigleiten, die Koketterie betreffend, bedenkend. Dies ist somit ein schwungvoller, kurzweiliger Text der mit liebevollem Spott und anhaltender Spannung aufwarten kann.
In „Liebe und Freundschaft“, ebenfalls in Briefform gestaltet, hingegen wird aus jenem noch zarten Spott, ein pointendichtes Humorstück. Das Groteske schrammend und in herrlichen Übertreibungen wird der Empfindsamkeit hier ein besonderes „Loblied“ gesungen. Die Hauptfigur heiratet einen Luftikus und stürzt sich mit diesem ins Ungewisse, fest davon überzeugt sie könnten ausschließlich von Luft und Liebe leben. Wer selbiges Wagstück einmal versuchte, dem wird bewusst sein das dies nicht gelingen kann, die Übrigen seien dessen versichert. Jene Erkenntnis wird sich auch hier einstellen. Es beginnt eine Odyssee, so rasant wie aberwitzig, welche allerlei Schicksalsschläge mit sich bringen wird und einige Figuren erheblich in Mitleidenschaft ziehen soll.
Das Dritte Brief-Stückchen aus Jane Austens Frühwerk ist mit „Drei Schwestern“ betitelt. Diese Geschwister stehen vor einem gewaltigen Problem: Ein wohlhabender Nachbar begehrt eine von ihnen zu heiraten. Zuerst bewirbt er sich bei der Ältesten doch wird er, so diese nicht geneigt ist ihm ein Ja zu schenken, die Jüngeren mit selbigem Anliegen behelligen. Wieso ist das aber ein Problem? Nun, er ist die unliebsamste Person die sich denken lässt (hässlich, übellaunig, zynisch, „schon ziemlich alt“). Weswegen aber sollte ihn dann irgendeine der Töchter erwählen? Weil die Mutter es so will, denn er hat Geld. Es entbrennt daher ein Kampf, hinter der wohlanständigen Kulisse schwesterlicher Liebe und Fürsorge, wer ihn denn nun nehmen muss. Hierbei wird, mit dem Mittel der Satire, der Irrsinn der Geschehnisse ziemlich eindrücklich und witzig dargestellt.
Der Letzte, hier vorzufindende, Text „Catharine oder Die Laube“, kommt nicht mehr ganz so verspielt daher, ist jedoch auch heiteren Charakters. Ein behütetes Fräulein bekommt Besuch aus der großen Stadt, welcher das Gewohnte, erst mäßig später jedoch umso gründlicher, durcheinanderbringt. Ein hübscher, spaßiger Kerl, dessen etwas dümmliche Schwester, eine Tante welche mit der Titulierung Stockfisch noch gut bedient wäre, ein Ball und etwas Vergangenheit gehen in die Substanz dieses Werkes ein und verleihen diesem damit einen ansehnlichen Anstrich. Auch hier ist das Spiel mit Gefühlen das hauptsächliche Geschäft der Charaktere, immer im Gewande der Erfordernisse gebührend förmlicher Konversation.
Die Themen sind dieselben wie in anderen Austen Werken, die Form ist jedoch eine andere und gerade daher interessant. Auch weil sie diese Schriften bereits im zarten Alter von 14 (Liebe und Freundschaft), 16 (Drei Schwestern und Catharine) und 18/19 (Lady Susan) verfasste. Im Übrigen erkennt man hinter all dem die Erfordernisse ihrer Zeit, welcher eine Frau/ein Mädchen gerecht werden musste: Bestehen auf dem Heiratsmarkt, der tatsächlich wie ein arabischer Basar wirkt, inklusive Feilschen und zum Teil erheblich unterschiedlicher Preisvorstellungen.
Der Manesse-Verlag bringt hier ein erheiterndes Büchlein heraus, welches für Fans von Jane Austen ein Muss und für solche, die es noch werden wollen, empfehlenswert ist.