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Die Fantastischen Vier - Interview

Titelmotiv - Die Fantastischen Vier (And.Ypsilon,<br> Michi Beck, Thomas D, Smudo - v.l.n.r.)
Die Fantastischen Vier (And.Ypsilon,
Michi Beck, Thomas D, Smudo - v.l.n.r.)

Vor 18 Jahren rauften sich vier Jungs Anfang zwanzig in Stuttgart zusammen, um gemeinsam deutsche Rap-Musik zu produzieren. Drei Jahre später war das Album „4 gewinnt“ in aller Munde und Die Fantastischen Vier wurden als die Heilsbringer des deutschen HipHop verehrt. Seit dieser Zeit sind viele Künstler aufgestiegen und wieder gefallen, doch die Fantas haben sich immer souverän behauptet...Im VIBE-Interview sprechen die Stuttgarter Jungs, von denen nur noch And.Ypsilon wirklich in Stuttgart wohnt, über ihren musikalischen Wandel, die eheähnlichen Bandverhältnisse und das animalische Ich des Menschen!

Das aktuelle Album „Fornika“ ist ja schon seit dem 07. April diesen Jahres auf dem Markt...Was ist in der Zwischenzeit passiert? Stehen bereits neue Projekte in den Startlöchern oder freut ihr euch schon, wenn die Tour vorbei ist und ihr erstmal Abstand von einander und dem Business bekommt?
„Fornika“ läuft toll und kommt bei unseren Fans sehr gut an. Im Moment haben wir es sogar geschafft mit der aktuellen Single „Ichistichistichistich“, die immerhin die dritte des Albums ist und demnach nicht die Aufmerksamkeit der ersten Single genießt, ist in den Airplay-Charts stramm auf dem Weg in die Top30. Als nächstes steht die Tour an und dann werden wir uns den Projekten rund um unser zwanzigjähriges Bühnenjubiläum widmen, worüber ich leider nicht allzuviel verraten kann.

Thomas D. hat in einem Interview die Band mal als eine Ehe bezeichnet...ist diese Ehe mit eurer persönlichen Reife harmonischer geworden? Gibt es noch Diskussionen und Reibereien bei Themen, die euch als Band betreffen? Oder hat sich über die Jahre eine Art Bandhierarchie herausgebildet, bei der jeder weiß, wie er zu funktionieren hat?
Das Bild der Ehe ist sehr gut, denn auch eine gute Ehe läuft nicht, wenn man nicht ständig an ihr arbeitet. Ähnlich ist es in der Band. Wir diskutieren eigentlich immer und unentwegt über uns und über vergangene und künftige Entscheidungen. Natürlich haben Einzelne bestimmte Kompetenzen aber im großen und ganzen entscheiden alle alles.

Bitte erklärt doch den VIBE-Lesern nochmal eure persönliche und endgültige Bedeutung des Wortes „Fornika“. Von Paranoia über Deodorants und Zahnpasta bis hin zur Ursuppe und dem animalischen Ich des Menschen gab es ja schon zahllose Interpretationsversuche.
Und alle sind richtig. Die Fornika ist ein Kunstbegriff für einen Bereich im Unbekannten. Für mich als Kaffeejunkie z.B. ist es jeden Morgen äußerst wichtig, durch Wassertemperatur, Mahlgrad, Pressstärke uswusw den Kaffee in den sog. Fornika-Bereich zu bekommen. Dieser Bereich ist schwer zu ertasten und wird nicht immer gefunden. Wenns aber klappt, ist der Kaffee unheimlich lecker.

Fornika - Album Cover
Fornika - Album Cover

Das aktuelle Album enthält Features von großen Namen der deutschen Musikbranche aus unterschiedlichsten Stilrichtungen Und ich muss schon sagen, dass es aller Ehren wert ist, Musiker wie Max Herre, die Münchner Freiheit, Herbert Grönemeyer und Plattenpapzt zu einem in sich stimmigen, einheitlichen Ganzen zu verpacken. Seht ihr euch mit eurer Erfahrung im Musikgeschäft und der stilistischen Weiterentwicklung heute eher als Wegbereiter für die Zukunft der deutschen Popkultur?
Wir verstehen uns eher als Zimmerleute unserer eigenen Kunstentwicklung und weniger die Wegbereiter der deutschen Popkultur. Durch unseren Zwang des „Anders-Seins“ und des daraus resutlierenden Versuches, sich bei jedem Album neu zu erfinden, haben wir uns das Stigma der innovativen Band erarbeitet. Das ist schön und beeinflußt hier und da eventuell auch die deutsche Poplandschaft, aber das kümmert uns weniger, wie unseren tiefen Wunsch, das Album am Ende einfach geil zu finden.

Ihr habt zweifellos die HipHop-Musik in Deutschland mitentwickelt und mitrevolutioniert. Wie seht ihr die derzeitige Entwicklung deutscher HipHop-Musik? Welchen Weg wird oder soll deutscher HipHop eurer Meinung nach in den nächsten Jahren gehen?
Auf der einen Seite finde ich die Entwicklung rund um Aggro-Rap aus Deutschland nicht schlecht, da sie immerhin frischen Wind in das Genre brachte. Auch die begleitende Gewaltdiskussion ist richtig. Allerdings gibt es neben ersten Ermüdungserscheinungen auch rassistische und sexistische Entgleisungen die meine strapazierfähige Milde deutlich überdehnen und den Blick auf existierende Top-Rap-Bands ablenkt, die tolle Texte haben ohne agressiv zu sein.

In den nächsten Wochen bzw. im nächsten Jahr wird aus jedem von euch ein „Fanta Vierziger“! Lebt und fühlt ihr euch eurem Alter entsprechend und was hat sich bei euch als Band neben der musikalischen Entwicklung privat verändert?
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie man sich „dem Alter entsprechend verhält“. Ich habe viele Endzwanziger getroffen, die sich wie Endvierziger benehmen und umgekehrt. Die größte private Umwälzung hat bei Thomas vor vier Jahren und bei Michi und mir gerade eben begonnen: Wir sind alle Väter von Töchtern. Ansonsten halte ich es mit den Worten von Popeye: Ich bins was ich bins.

Zum Abschluss des Interviews noch eine Frage, die nicht auf eure Musik abzielt...2005 habt ihr beim Film „Madagascar“ den Pinguinen eure Stimmen geliehen. War das eine einmalige Erfahrung oder könnt ihr euch vorstellen auch in Zukunft solche Angebote wahrzunehmen?
Von den Fantas bin ich derjenige geworden, der Synchroangebote schon öfters wahrgenommen hat. So sprach ich den Bösewicht im Animationsfilm „Die Rotkäppchenverschwörung“ oder den Grautvornix in „Asterix und die Wikinger“, welches meine erste Hauptrolle war. Vor einigen Jahren habe ich in einigen Videospielen gesprochen. Stolz macht es mich, daß ich in einer der kommenden Folgen des TV-Krimi-Psychos „Monk“ den Verdächtigen „Murderous“ sprechen werde. Und den spielt „Snoop Doggy Dog“.

Text & Interview: Michael Möbius

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