Kleist - Vom Glück des Untergangs
- Genre
- Biografie
- Autor
- Adam Soboczynski
- Verlag
- Luchterhand
- Erscheinungsdatum
- 05.10.2011
- Erscheinungsform
- Gebundenes Buch, Schutzumschlag, 96 Seiten
Bewertung
Michael Möbius, Dec 20111 / 5 Sternen
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Tendenziöse Verkürzung. Man versteht es einfach nicht! Was will der Autor uns mit diesem Buch nur sagen? Was ist dies für ein Werk? Ein Essay, eine Kurzbiographie, eine Autorenanalyse aller Jean-Paul Sartres „Baudelaire“, oder schlicht ein Nichts? Irgendwo dazwischen? Etwas ganz anderes?
Es geht um Kleists Selbstmord und um den Weg dorthin. Sein Leben und Werk, in Ausschnitten, in kürzesten Episoden. Ein kleiner Ausflug in die Zeit des Suizidalen. Ein wenig Lebenstragödie, Reisen ohne anzukommen, erfolglose Schriftstellerei, wütendes Zeitungsschwärzen und das Kolossale dieses Scheiternden wird hier auf engstem Raum abgehandelt. Gewiss, ein interessantes, früh beendetes Leben, doch aber wohl für mehr als 96 Seiten gut. Nein, eine Biografie ist das recht eigentlich nicht. Schon gar keine Gute.
Der Autor behauptet und beweist nicht, führt wenige Briefbeispiele an, beleuchtet jedoch kaum alternative Möglichkeiten der Deutung von Kleists Handlungen. Er weist zweimal darauf hin, dass zu verschiedenen Aspekten des Lebens dieses Selbstmörders, unübersichtliche Mengen an Literatur verfasst wurden. Wieso fügt er diesen also noch etwas an? Hat er Neues zu bieten? Nein, vielmehr verwirft er diese Lektüre, offenbar in einem Anflug von Größenwahn, im Zuge dessen er, so scheint es, glaubt den Stein der Weisen gefunden zu haben. Womit er nun hausieren geht. Doch derlei Phantom-Brocken möge er bitte für sich behalten, denn der, vielleicht, gefühlte Monolith ist in Wahrheit ein Mini-Kiesel.
Adam Soboczynski wird als großer Kleist-Kenner bezeichnet, dies sei gar nicht in Abrede gestellt, die Grundzüge mögen stimmen. Doch durch die Verkürzung wirkt Kleist wie ein Psychopath, wie ein armer Irrer. Sein Schmerz, seine Suche, seine Verlorenheit werden genannt, mehr nicht. Kein Mitleid, nur Anerkennung. Keine Analyse, nur ein sezierender Voyeurismus. Schamloses Flutlicht auf die Schatten einer Seele. Dies Buch hält nicht ein Argument bereit, das für dieses zu sprechen befähigt wäre. Was will der Autor damit sagen?
Man versteht es einfach nicht! Aber Kleist rotiert in seinem Grab und wird nicht einmal in diesem in Ruhe gelassen. Wer ihm etwas Gutes tun möchte, lese dessen Werke. Antiquarisch kriegt man sicher einige davon und zwar zum selben Preis wie diese textliche Überflüssigkeit. (Text: Thomas Treichel)