Das kaputte Knie Gottes
- Genre
- Roman
- Autor
- Marc Degens
- Verlag
- Knaus
- Erscheinungsdatum
- 29.08.2011
- Erscheinungsform
- Gebundenes Buch, Schutzumschlag, 256 Seiten
Bewertung
Michael Möbius, Jan 20123.5 / 5 Sternen
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Mark ist ein Hängerstudent. Der Joint ist sein stetiger Begleiter und sein Sinnen richtet sich auf jene körperlichen Merkmale welche die Geschlechter trennen, um diese zu vereinen. Folgerichtig kann er nur eins werden: Lehrer. Der chronische Pleitegeier Dennis hingegen lebt für seine Kunst. Nur eben nicht von dieser. Ihm ist die Freundschaft zu Mark, die seit Kindertagen besteht, sehr wichtig, doch leider ist es nicht so einfach ihn zum Freund zu haben. Zum einen ist es mal teuer. Zum anderen ist Dennis eben etwas merkwürdig. Die Kunst besteht in Skulpturen aus Beton. Überlebensgroße Skulpturen. Solche die Extremitäten darstellen, ein bisschen wie bei Rodin, nur dass Dennis kein Atelier sondern nur eine 2-Raum-Wohnung hat. Später wird er diese übrigens auch noch bemalen, wie Magritte.
Dann ist da noch Lily, die agitierende Kommunistin. Sie lernt Dennis kennen, sieht eines seiner Werke und bringt es auf den Punkt: Sozialistischer Realismus. Es ist ein Verlieben auf den Zweiten Blick, für sie. Die beiden werden ein Paar. Dann wird an der Hochschule gestreikt und man will Brecht aufführen. Für den Klassenkampf ein Bewusstsein schaffen. Mark führt Regie, Lily organisiert, Dennis macht das Bühnenbild, doch ab diesem Zeitpunkt wird alles anders werden. Und dann noch mehr anders bis es schließlich ganz anders wird.
Eine Geschichte über den Wandel, welcher das Illusionssterben hervorruft und über die zerfallenden Vorstellungen von der Besonderheit der eigenen Individualität. Durch die Hintertür auch eine solche für und über das Ruhrgebiet. Über Klischees, die sich bestätigen und solche, die arge Risse davontragen. Das Erwartete überrascht durch Abwesenheit. Dabei wirken die Szenen nur selten konstruiert und selbst da bleiben sie wunderbar (tragik-) komisch. Unlogisches findet sich selten und wenn dann ist die Fiktion auch nicht absurder als die Realität, zumindest nicht viel.
Schade jedoch ist, das man den Figuren anmerkt, dass sie nach Drehbuch handeln. In diesem erscheinen sie, trotz der Veränderungen, die mit ihnen vor sich gehen, eindimensional. Auch die geringe Anzahl der Figuren lässt das Ruhrgebiet irgendwie arg unterbevölkert wirken, es gibt unter diesen außerdem zu viele Typen. Das fernsehschaffende Arschloch, die Schwanz-ab-Feministin, die Mäzenin oder die unbedingt Betonblumen braucht ... Sehr gelungen ist hingegen die pointierte Darstellung der Künstlerszene, hier kann der Mund nicht ernst bleiben und muss sich verziehen, zu einem anhaltenden Schmunzeln nämlich.
Insgesamt ein ganz guter Roman, voller überraschender und schöner Ideen. Leider aber mit lediglich befriedigendem Personal besetzt, das zwar witzig, jedoch zu sehr eine Karikatur des vielleicht Gewollten ist. Trotzdem recht lesbar. (Text: Thomas Treichel)