Das Leben ist kein Streichelzoo - Fiese Fabeln
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Das Leben ist kein Streichelzoo - Fiese Fabeln

Genre
Humor, Satire
Autor
David Sedaris
Verlag
Heyne
Erscheinungs­datum
01.10.2012
Erscheinungs­form
Taschenbuch, Klappenbroschur, 176 Seiten

Bewertung

Thomas Treichel, Feb 2013

3.5 / 5 Sternen

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Fabelhafte Fabeln? Könnte sein. Äsop, La Fontaine oder Lessing hätten diese bestimmt interessiert. Von wegen des Vergleichs der Zeiten durch die Nähe der Form. Auch hier und heute müssen die armen Tiere für das herhalten, was die Menschen so an Dummheiten und Gewohnheiten treiben. Also etwa religiöser Fundamentalismus, Unwissenheit inklusive unbegründbarem Selbstbewusstsein, Homophobie und Xenophobie, etc..

Und so müssen denn Mäuse, Bären, Enten, Dachse, Eulen und allerlei weiteres Wald- und Wiesenvolk das ihnen Untypische denen vorspielen, die es typischerweise von sich und Ihresgleichen kennen. Denn beinahe alle hier vorgestellten Typen der sechzehn Fabeln, sind dem aufmerksamen Menschenkind bekannt. Und deren „Peinlichkeit“, wie es auf der Buchrückseite heißt, ist Fremdschämen, Kopfschütteln darüber ob denn die Menschen niemals klug werden, auch eine Prise Verzweiflung und Händeringen über die all zu oft fruchtlosen Versuche die Menschen zu bessern.

Fazit

Was ist über den Humor zu sagen? Mitunter zynisch, oft satirisch, meist lakonisch und schwarz. Wobei hier das tierische Element die Schärfe der Folgen der Handlungen ins Drastische hebt. Unter den Tieren gilt nun einmal Fressen und Gefressen werden, ganz davon abgesehen dass das Tier auch dem Menschen zum Opfer fällt, ob bewusst wie durch die Jagd, oder unbewusst wie durch das Auto. Der Mensch hat seine Ethik, seine Moral, davon bekommen die Tiere aber nur einen Teil zu gedichtet. Weswegen sie unmenschlich sind, aber eben so wie es Menschen mit unter sind. Ach ja, wie angedeutet, die Folgen sind im Buch meist tödlich.

Dieser schlimmste, anzunehmende Ausgang soll dem Leser sehr deutlich machen, zu was auch eine scheinbar harmlose Äußerung führen kann, wenn alles schief geht, wenn andere Faktoren hinzukommen, in der Soziologie: unintendierte Folgen, die unvermeidlich Teil des Lebens sind, dass mit anderen Leben interagiert. Das Vorurteil ist per se gefährlich und viel mehr „Denken“ beruht auf Vorurteilen als man gemeinhin annimmt.

Da die Fabeln, welche dies deutlich machen, so man sie reflektierend liest, satirisch sind und eben ihrem Genre gerecht werden wollen, sind die Szenerien recht kurz und überzeichnet, dabei ist aber die Pointe oft eine Doppelte, eben jene der Einsicht in das moralische Moment und jene in das humoristische Moment. Welche sich nicht unbedingt jeweils sofort als solche zu erkennen geben. Es gibt bei der Lektüre Augenblicke der Übertragung die Betroffen machen, die nach Galle schmecken.

Diese Fabeln sind freilich wörtlich fabuliert, inhaltlich jedoch realistisch. Das Potential zum Furchtbaren ist stets gegenwärtig. Und welch Geringem es nur bedarf die Auslösung einer Katastrophe zu zeitigen. Ob nun animalisch oder human. Bedauerlicher Weise jedoch ist das Format etwas angestaubt, böswillig gesprochen: vielleicht sogar veraltet. Einfach weil das Verstecken von Inhalten nicht mehr nötig ist, da im Zuge der Redefreiheit diese immer beliebiger wird und im Zuge der medialen Verbreitung und Abrufbarkeit von sogenannten „Informationen“, diese sich entwerten, da ihre Fundierung, ihre Begründung zu billig gemacht wurde, so dass Behauptung und Meinung gelten, statt Tatsache und Wahrheit.

Die andere Besonderheit der Fabel ist die Lehrbarkeit moralischen Handelns durch (v.a.) negative Beispiele. Hier ist jedoch das Problem, dass jene die zwar lernen, sich aber nicht selbst wiedererkennen sollen, durch die hier nicht immer einfache Moral durchaus in einen Anspruch genommen werden könnten, dem sie womöglich nicht gerecht zu werden vermögen.

Deswegen ist es auch eine wichtige Frage an wen sich dies Buch richtet. Man kann es ganz bestimmt Jugendlichen empfehlen, Kindern aber eher nicht. Der erwachsene Leser mag zugreifen, so er sich dem Humor, der konstruktive und weniger konstruktive Kritik enthält, für zugänglich hält. Es ist kein aufgerichteter Zeigefinger zu befürchten. Kein: du sollst, du musst, du darfst nicht. Nur die Frage: Und wie ist es bei dir? Diese sollte man nicht fürchten, sondern annehmen um sich zu prüfen. Vielleicht mit Erkenntnis-Gewinn.

Sprachlich ist das Buch angenehm, die kreativen Schlenker sind gemächliche und bekömmlich. Die Illustrationen sind keine schlechten, nehmen aber etwas viel Raum ein und sind insofern eigentlich nicht nötig, da Fabeln durch sich selbst eigentlich illustrativ genug sind, andererseits bieten sie sich gerade dadurch natürlich auch dafür an bebildert zu werden, in sofern auch dies: In Ordnung. So soll dann auch das Fazit insgesamt aussehen. (Text: Thomas Treichel)

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