Dragon Kiss
- Genre
- Fantasy-Roman
- Autor
- G. A. Aiken
- Verlag
- Piper
- Erscheinungsdatum
- 01.11.2010
- Erscheinungsform
- Taschenbuch, 427 Seiten
Bewertung
Michael Möbius, Dec 20103 / 5 Sternen
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Annwyl, Tochter eines Königs und Anführerin eines Aufstands gegen die Unterdrückung Ihres Bruders, sieht sich ihrem eigenen Tod gegenüber, als der Drache Fearghus in ihr Leben tritt. Zusammen mit der Hexe Morfyd gelingt es ihm die schwerverletzte, junge Frau aus der Umklammerung des Todes zu reißen. Zwischen den beiden entspinnt sich eine Freundschaft, in deren Verlauf es Annwyl schafft, den Drachen als Unterstützung im Kampf gegen ihren Bruder zu gewinnen, sehr zum Missfallen von Fearghus' Familie. Um ihren verhassten Verwandten im Zweikampf bezwingen zu können, wird die Kriegerin auf Anraten des Drachen von einem dunklen Ritter unterrichtet. Zwischen den beiden entsteht eine Hass-Liebe. Hin und her gerissen zwischen der körperlichen Anziehung zum Ritter und ihrer Freundschaft zum Drachen findet sich Annwyl in einer Dreiecksbeziehung wieder, die in einer dramatischen Enthüllung endet.
In der zweiten Geschichte von „Dragon Kiss“ lernt der Leser die Drachenprinzessin Rhiannon kennen, die von ihrer verhassten Mutter der Magie beraubt und wortwörtlich vor die Füße des Streitdrachens Bercelak geworfen wird. Ihn soll sie auf Anordnung der Königin ehelichen. Rhiannon jedoch denkt nicht daran, sich diesem Mann, der ihrer Mutter dient, zu unterwerfen und macht ihm das Leben schwer. Bercelak dagegen weiß mit der launischen und überheblichen Prinzessin umzugehen und zähmt sie durch Zuhilfenahme einer Kette. Die beiden kommen sich im Laufe der Geschichte immer näher. Als die Königin ihre gebrochene Tochter wiedersieht, endet das Treffen im finalen Showdown, der über Leben und Tod der Königin und Rhiannon entscheidet.
„Dragon Kiss“ ist ein klassischer Vertreter der „Romantic Fantasy“ (auch wenn der Leser vergebens nach Romantik suchen wird). Die Protagonistin ist eine toughe, gutaussehende Frau, die sich gegen die von Männern geschaffenen Regeln auflehnt, durch ihre Haltung, Handlungen und Fähigkeiten. Die männliche Hauptfigur ist ein attraktiver, starker Mann, gerne auch mit Narben, der um die Frau seines Herzen kämpft und ihr dabei immer überlegen ist, auch wenn er sie etwas anderes glauben lässt. Durchzogen von vielen Hindernissen und Abenteuern, die bestanden werden müssen, finden die beiden Liebenden am Ende doch zueinander und leben glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende.
Wie in vielen anderen Büchern dieses Subgenres sind beide mit hervorstechenden körperlichen Attributen ausgerüstet, an Klischees und Erotik, diesmal variiert durch den Gebrauch von Ketten, wird nicht gespart. Einzig die Darstellung der Drachen, ihrer Fähigkeiten und Magie weicht von den gängigen Geschichten ab, bleibt aber hinter geweckten Erwartungen weit zurück. Die Autorin kann sich in ihrer Geschichte nicht entscheiden, in welcher Zeit die Handlung spielt. Auf der einen Seite schafft sie das Bild vom finsteren Mittelalter, wo böse Königssöhne das Land in Schutt und Asche legen, Drachen sich wie handzahme Haustiere verhalten und vollbusige Frauen sich eben diese abbinden (hier bleibt die Autorin dem Leser eine Antwort schuldig), auf der anderen Seite finden Vokabeln Anwendung, vor allem bei der Beschreibung des Geschlechtsaktes, die eindeutig in die Gegenwart gehören. Solche Ungereimtheiten spielen für die Geschichte zwar keine Rolle, reduzieren das Buch jedoch auf Mittelmaß und wecken den Sportsgeist des Lesers, weitere Fehler wie in einem Wimmelbild zu finden.
Auch die komplette Inkonsequenz von G. A. Aiken, ihre Figuren und Schauplätze lebendig zu beschreiben, trägt nicht zum Lesevergnügen bei. Der Kampf zwischen Annwyl und Ihrem Bruder ist einfach nur langweilig. Schwups, und der Kopf ist ab. Was hier mehr schlecht als recht über drei Viertel der Geschichte heranberaumt wird, ist nach einer halben Seite schon wieder vorbei. Der Leser baut keinerlei Beziehung zu den Figuren auf und von Spannung und Dramatik kann keine Rede sein. Die Protagonisten bleiben eindimensional, handeln komplett widersprüchlich (und das hat nichts mit Hormonen zu tun) und eigentlich will man nicht wissen, warum und weshalb sie handeln, weil zwei Seiten später die nächste erotische Interaktion wartet. Allein bei den körperlichen Zusammentreffen schafft es die Autorin so etwas wie eine in die Tiefe gehende Beschreibung zu fabrizieren. Den Raum dazwischen füllt sie mit zusammenhangloser Aneinanderreihung von Nichtigkeiten auf. So lässt sich auch ein Buch füllen.
Fazit
Neueinsteiger im Genre wird das 427 Seiten lange, geistige Nirwana kaum stören, da sie viel zu beschäftigt sein werden, von einer erotischen Szene zur nächsten zu huschen, um am Ende das ersehnte „Ich liebe Dich auch“ zu lesen. Wer im Genre „Romantic Fantasy“ schon etwas länger auf der Suche nach einem guten Buch herumirrt, wird von dieser berechenbaren Geschichte, da schon 100-mal wiedergekaut, enttäuscht sein. Für mehr als Mittelmaß, vielleicht auch weniger, reicht es nicht. Und hier ein kleiner Rat vor dem Lesestart. Wenn sich der Kauf des Buches nicht mehr ändern lässt, einfach die erste Seite aufschlagen und den kurzen Auszug aus der Autorenbiographie lesen und dabei den Zusammenhang zwischen Leiterin einer Verlagsmarketingabteilung, den Worten „regelrecht jongliert“ und der Qualität dieses Buches herstellen. Selten findet man soviel Projektionsfläche für Sarkasmus in einem belletristischen Roman von diesem Niveau. Das Buch ist dennoch ein guter Beweis dafür, wie man mit literarischer Quantität aus Blei Gold macht. Etwas, das in der Chemie nicht funktioniert. (Text: Constanze Heinisch)
Über den Autor
G. A. Aiken lebt an der Westküste der USA und verbringt die meiste Zeit mit Schreiben und dem Versuch, ihren Hund daran zu hindern, sich von der Leine loszureißen. In den letzten Jahren hat sie mit ihrem Vollzeitjob als Leiterin einer Verlagsmarketingabteilung regelrecht jongliert, um in jeder Mittagspause, mitten in der Nacht und am Wochenende ihre Bücher zu verfassen.